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Buchmesse 2003: Die Krise bestimmt die Titel

Der Buchmarkt im Bereich Wirtschaftsliteratur ist (immer noch) geprägt von der wirtschaftlichen Krise. Das bewies die diesjährige Frankfurter Buchmesse vom 8. bis 13. Oktober einmal mehr. Das andauernde Konjunkturtief macht sich nicht nur darin bemerkbar, dass fast alle Verlage ihre Programme gestrafft haben, auch thematisch schlägt die Krise durch.
Eine Veränderung zum Vorjahr ist jedoch deutlich spürbar: Während 2002 provokante Werke und kritische Abhandlungen mit der korrupten Unternehmenswelt sowie mit dem deutschen Wirtschaftssystem im Allgemeinen vorherrschten, sind jetzt Impulsgeber für die wirtschaftspolitische Agenda gefragt. Der Tenor: Nicht nur jammern und beschuldigen, sondern ernsthaft reflektieren und neue Lösungsansätze einbringen.

Wirtschaftsbuchpreis für Reform-Programm vergeben

So verwundert es nicht, dass der Volkswirtschaftler Hans-Werner Sinn für sein im Münchner Econ-Verlag erschienenes Buch 'Ist Deutschland noch zu retten?' (ISBN 3-430185-33-5) mit dem Wirtschaftsbuchpreis 2003 in der Kategorie 'Reformen' ausgezeichnet worden ist. Die Financial Times Deutschland und die getAbstract AG vergeben den Preis jährlich für innovative Business- und Finanzbücher. 'Sinn versteht es nicht nur, auf verständliche Art zu erklären, warum Deutschland in die Krise geraten ist, er hält auch ein wirtschaftspolitisches Reformprogramm parat', schwärmt Jens Schadendorf, Programmleiter Econ. Dass sich die Menschen dafür interessieren, erklärt sich seiner Ansicht nach fast von selbst. Schließlich würden sie merken, dass es ihnen an den Kragen geht.

Erfolgsgeschichten passen nicht mehr in die heutige Zeit

Entsprechend werden große Erfolgsgeschichten und Motivationsbücher mit banalen Tipps nicht mehr richtig ernst genommen. Davon zumindest ist Stephan Askani, Lektor der blauen Management-Reihe bei Klett-Cotta, Stuttgart, überzeugt. 'Solche Bücher passen nicht in die heutige Zeit. Niemand glaubt mehr an derart einfache Erfolgreichsversprechungen', sagt er. Gefragt seien vielmehr differenzierte Darstellungen, die zeigen, welche Möglichkeiten Unternehmen haben, sich auch unter schwierigen Bedingungen zu entwickeln und Fehler zu vermeiden. So geht es auch bei einem der Managementtitel, den Klett-Cotta in diesem Jahr auf den Markt gebracht hat, um professionelle Unternehmensführung in Krisenzeiten. Titel: 'Das Unerwartete managen. Wie Unternehmen aus Extremsituationen lernen' (ISBN 3-608942-38-6). Das Werk stößt laut Askani auf große Resonanz.
Bei der Luchterhand-Reihe von Wolters Kluwer hat sich laut Richard Kastel, Verlagsleiter Management, ebenfalls ein Buch zum Renner entwickelt, das als Produkt der wirtschaftlichen Krise zu betrachten ist: Laurenz Andrzejewski greift in seinem Werk 'Trennungskultur' (ISBN 3-472-04820-4) das heikle Thema Kündigung auf - und trifft offensichtlich damit den Nerv von Personalmanagern und Führungskräften. Kein Wunder, stehen diese doch zunehmend vor der wahrscheinlich schwierigsten Aufgabe im Zusammenhang mit Unternehmenskrisen: massenhaft Mitarbeiter in die Arbeitslosigkeit zu schicken.

Im Trend: Bücher zur Lebenhilfe

Der Mitarbeiter selbst ist ob der anhaltenden Talfahrt im Berufsleben stark verunsichert, zieht sich wieder mehr ins Privatleben zurück und sucht nach Orientierung, wie Brigitte Hort, beim Campus Verlag, Frankfurt, für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig, beobachtet hat. Mit Titeln wie 'Dem Leben Richtung geben' (ISBN 3-593-37323-8) oder 'Weniger arbeiten, mehr leben' (ISBN 3-593-37221-5) will der Campus Verlag diesem Trend begegnen.
Dass Bücher, die in die Richtung Lebenshilfe gehen, derzeit stark nachgefragt werden, bestätigt auch Ingeborg Sachsenmeier, die beim Beltz Verlag, Heidelberg, als Lektorin für die Bereiche Beruf & Karriere sowie Training tätig ist. Aber: 'Mit platten Tipps geben sich die Leute nicht mehr zufrieden. Sie wollen Literatur, die ihnen dabei hilft, die eigene Situation zu hinterfragen und zu reflektieren', weiß Sachsenmeier.
Zumindest eine positive Auswirkung scheint die Krise also zu haben: Sie hat zur Reflexion geführt.
Autor(en): (pwa)
Quelle: Training aktuell 11/03, November 2003
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