Schlauer lernen

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Das Ende der Arbeit?

Henning Beck erklärt, warum neue Technologien nicht das Ende der Arbeit bedeuten.

Für die Zukunft der menschlichen Arbeit sieht es düster aus. Nicht genug, dass Maschinen anstrengende körperliche Tätigkeiten ersetzen können – heute drohen selbst geistige Aufgaben von Computern übernommen zu werden. Wer braucht in Zukunft noch Grafikdesigner, Buchhalter, Programmierer oder Controller, wenn intelligente Programme viel besser, schneller und billiger sind? Was wird die Zukunft deswegen bringen: die Massenarbeitslosigkeit, weil für uns nichts mehr zu arbeiten übrig bleibt? Oder werden wir endlich von nervigen Tätigkeiten befreit und können uns sinnvolleren Dingen widmen?

Wer sich mit den Grundprinzipien unseres Denkens beschäftigt, stellt fest: Menschen nutzen neue Technologien niemals dafür, um Zeit zu sparen. Stattdessen erledigen wir mehr in der gleichen Zeit. Eigentlich paradox: Denn heutzutage könnten wir viel entspannter leben als vor 150 Jahren. Damals gab es weder Autos noch Telefone. Nachrichten kaufte man sich einmal täglich in Form einer Zeitung, denn das Radio war noch nicht erfunden. Heute können wir per Smartphone Bahntickets kaufen, in Videocalls mit vielen Kollegen gleichzeitig sprechen oder in knapp anderthalb Stunden von München nach Hamburg geflogen sein. Doch die neue gewonnene Zeit hat nicht dazu geführt, dass wir entspannter leben, wir sind vielmehr so gehetzt wie nie. Parkinsons Gesetz nennt sich dieses Phänomen, das auch psychologisch gut bekannt ist: Jeder Effizienzgewinn sorgt dafür, dass Menschen auf neue Ideen kommen, um mehr Arbeit zu erledigen. Man könnte es auch das „Tiefkühltruhenprinzip“ nennen: Eine Kühltruhe ist meistens immer voll. Wenn Sie eine doppelt so große Tiefkühltruhe kaufen, bleibt sie nicht dauerhaft halb leer, sondern ist nach einiger Zeit ebenfalls wieder voll. Genauso ist es mit menschlicher Arbeit: Sie wächst mit ihren Möglichkeiten.

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Deswegen haben technologische Umbrüche niemals zu dauerhafter Massenarbeitslosigkeit geführt, auch wenn die Angst davor allgegenwärtig ist. Wie schrieb die New York Times schon am 26. Februar 1928: „Der Aufstieg der Maschinen lässt uns alle arbeitslos werden.“ Nach dieser Meldung wurden in den USA bis heute weit über 100 Millionen neue Jobs geschaffen. Von den im US-Zensus 1950 identifizierten 270 wichtigsten Jobs wurde in den folgenden 65 Jahren ein einziger ersetzt: der Job des Fahrstuhlführers. Alle anderen Tätigkeiten haben sich gewandelt, wurden aber nicht ausradiert. Heute gibt es in den USA eine Million Buchhalter weniger als 1987, dem Jahr, in dem Microsoft Excel eingeführt wurde. Aber über zwei Millionen zusätzliche Rechnungsprüfer und Finanzanalysten.

Das Ende der Arbeit durch neue Technologien? Das ist in der Menschheitsgeschichte noch nie passiert. Wirtschaftskrisen führen zur Arbeitslosigkeit, Technologien schaffen neue Jobs. Dafür braucht es aber auch die richtige Einstellung – gerade wenn es um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz & Co. geht. Solange Sie aktiv denken, wird Sie auch eine KI nicht ersetzen. Im Gegenteil: Je mehr Sie ohnehin schon wissen, desto mehr fällt Ihnen ein, wofür man KI einsetzen kann. Je mehr man mit KI ausprobiert, desto leichter wird man auf neue Ideen kommen. Das menschliche Gehirn wird auch in Zukunft jede durch Technologie gewonnene freie Minute mit neuer Arbeit füllen. Schade eigentlich. Das Leben im Müßiggang lässt wohl noch auf sich warten.

Der Autor: Henning Beck ist Neurowissenschaftler, und zwar einer der verständlichen. In Vorträgen und Seminaren vermittelt er die spannenden Themen des Gehirns. Sein aktuelles Buch heißt „Das neue Lernen heißt Verstehen“. Kontakt: www.henning-beck.com

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