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Beitrag von Martin Wehrle aus managerSeminare 331, Oktober 2025
Wie sollen wir das neue Produkt gestalten? Wodurch ließe sich unsere Dienstleistung sinnvoll ergänzen? Welche Serviceleistungen sollten wir ausbauen? Das sind Fragen, die in Firmen jeden Tag diskutiert werden, fast immer in internen Runden. Die Expertinnen und Experten äußern ihre Meinung, die Führungskräfte wägen ab und die Teams lassen wissen, was machbar ist und was nicht. Aber eine Perspektive kommt bei solchen Diskussionen oft viel zu kurz: die der Kunden. Doch sie sind es, von denen das Geschäft abhängt. Und der Köder muss nicht dem Angler schmecken, sondern dem Fisch.
Aber wie gelingt es, die Kundenperspektive bei wichtigen Entscheidungen besser einzubeziehen – ohne dass jedes Mal eine Umfrage gestartet wird? Eine klassiche Methode aus dem Coaching bietet eine Lösung: der Perspektivenwechsel. Zum Beispiel sagt die Teamleiterin zu den anderen Teammitgliedern: „Ihr alle habt Kunden vor Augen, mit denen ihr seit vielen Jahren im Austausch steht. Überlegt doch mal, welcher davon ein typischer Kunde ist, der stellvertretend für andere stehen könnte. Und jetzt stellt euch vor, dieser Kunde wäre hier im Raum und könnte sich zu unseren Plänen äußern – ob das hilfreich für ihn ist oder eher an seinen Bedürfnissen vorbeigeht. Was würde er wohl sagen – habt ihr eine Idee?“
Und nun darf jedes Teammitglied, das sich meldet, in die Rolle eines Kunden schlüpfen. Die Führungskraft fragt: „Wie heißt der Kunde, der dir gerade vorschwebt und aus dessen Perspektive du sprechen willst?“ Wenn er jetzt „Herr Geiger“ sagt, kann die Teamleiterin ihn direkt mit diesem Namen ansprechen: „Nun, Herr Geiger, sagen Sie doch mal ein paar Takte zu Ihrem Hintergrund.“ So kommt das Teammitglied besser in der Rolle an, und die Informationen zum Kunden helfen, die folgenden Aussagen einzuordnen. Und schließlich fragt sie: „Herr Geiger, jetzt möchte ich unbedingt hören, wie Sie als Kunde über unsere Pläne denken. Nehmen Sie kein Blatt vor den Mund!“ Während das Teammitglied antwortet, empfiehlt es sich, es bei Zwischenfragen immer wieder einmal mit dem Namen des Kunden anzusprechen, um die Perspektive zu erhalten.
So einfach die Methode ist, so wirkungsvoll ist sie erfahrungsgemäß auch. Es ist immer wieder erstaunlich, wie Menschen auf komplett andere Gedanken kommen, sobald sie sich in andere Menschen versetzen. Das führt zu neuen Sichtweisen, die ohne den Perspektivenwechsel niemals auf dem Teamradar gelandet wären. Dadurch bleibt der Funkkontakt zur Kundenbasis erhalten, und die Entscheidungen fallen praxisnäher aus.
Zum Beispiel habe ich schon erlebt, wie diese Methode dazu geführt hat, dass ein geplanter Namenswechsel einer Internet-Verkaufsplattform doch noch abgeblasen wurde. Alle waren sich zwar einig gewesen, dass der bisherige Name nicht mehr zeitgemäß sei. Aber durch den Perspektivenwechsel wurde der versammelten Runde deutlich, welche Schwierigkeiten sie mit dem Namenswechsel ihren Kunden bereiten würden, unter anderem, weil Zehntausende von bestehenden Verlinkungen hätten ausgetauscht werden müssen. Schweren Herzens entschied man sich gegen den Namenswechsel, aber für die Kundenfreundlichkeit. Ohne die Coaching-Methode des Perspektivenwechsels wäre das anders gelaufen.
Der Autor: Martin Wehrle ist Karrierecoach und Coachausbilder mit eigener Akademie in Hamburg. Sein aktuelles Fachbuch heißt „Die 50 kreativsten Coaching-Ideen“. Kontakt: karriereberater-akademie.de
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