Führung meets Coaching
Führung meets Coaching

Die Zwei-Brillen-Strategie

Martin Wehrle stellt eine Methode aus dem Coaching vor, mit der Führungskräfte ihre Mitarbeitenden unterstützen können, Frust zu überwinden und Probleme lösungsorientiert zu betrachten.

„Der Abgabetermin ist kaum zu schaffen“, „Die Lieferkette hakt“, „Die Nachbarabteilung blockiert das Projekt“, „Der Zulieferer sprengt unseren Zeitplan“: Viele Führungskräfte fühlen sich als Klagemauer ihrer Mitarbeitenden, an die der verbale Frust brandet. Das ist nicht nur anstrengend, sondern sollte ihnen auch ein Alarmzeichen sein. Denn Frust dämpft die Motivation und verstellt den Blick auf Lösungen.

Um die eigenen Mitarbeitenden dabei zu unterstützen, einen Mindset-Wechsel hin zum Positiven zu vollziehen, können Führungskräfte eine bewährte Methode aus dem Coaching nutzen: die sogenannte Zwei-Brillen-Strategie. Dabei wird dem Gegenüber erst eine schwarze Brille aufgesetzt und ihm die Gelegenheit gegeben, so richtig vom Leder zu ziehen und sich ein Problem in schwärzester Farbe auszumalen – ehe es die Brille wechseln und die Sache in einem helleren Licht sehen darf. Im Fall der Klage über die Nachbarabteilung, die (angeblich) das Projekt eines Mitarbeiters blockiert, könnte die Führungskraft diesen etwa fragen: „Mal angenommen, du setzt dir eine dunkle Brille auf und gehst vom schlechtesten Fall aus – welche Absicht verfolgen die Kollegen mit ihrer Blockade?“, „Wie sehen die schlimmsten Folgen für uns aus?“, „Inwiefern wirst du persönlich dadurch geschädigt?“

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Nun kann sich der Mitarbeiter den Frust von der Seele reden. Das ist aus psychologischen Gründen wichtig, denn es entgiftet sein Denken. Zum Beispiel unterstellt er der Nachbarabteilung, ihn und sein Projekt bewusst ans Messer zu liefern. Und er sieht schon, wie deshalb ein wichtiger Deal platzt und er persönlich dafür in die Verantwortung genommen wird. Wichtig ist es, das Gegenüber sein Worst-Case-Szenario entspinnen, es sein Gemälde in schwarzer Farbe malen zu lassen. Nicht widersprechen, stattdessen interessierte Rückfragen stellen, bis es sich ausgesprochen hat. Denn irgendwann geht ihm die schwarze Farbe aus. Und dann ist es bereit für die zweite Phase.

Jetzt kann die Führungskraft etwa sagen: „Geh einmal davon aus, dieses Problem hat auch eine positive Seite. Vielleicht kannst du etwas Wichtiges lernen. Oder du wächst daran. Oder du kannst eine persönliche Qualität ausbauen. Und womöglich gibt es auch einen inhaltlichen Lichtblick. Was genau könnte das sein? Schau einmal durch eine helle Brille, als wärest du ein großer Optimist.“ Meist dauert das Umschalten eine Weile. Aber dann kann dem Mitarbeiter zum Beispiel die Erkenntnis kommen, dass es bei künftigen Projekten einer früheren Absprache zwischen den Abteilungen bedarf. Oder dass der Erfolg, den Termin doch noch einzuhalten, durch den Widerstand ein viel größerer wäre. Oder dass seine persönliche Überzeugungskraft und Verhandlungsstärke durch die Krisengespräche mit der Nachbarabteilung gestärkt werden.

Abschließend wird das Gegenüber gebeten, beide Standpunkte zu vergleichen. Welches Denken ist für dich hilfreicher? Mit welcher Perspektive fühlst du dich der Herausforderung besser gewachsen? Welche Farbe sollten deine Brillengläser haben? Wahrscheinlich wird es seine ursprüngliche Haltung verlassen und differenzierter und konstruktiver auf die Sache blicken. Das führt zu besseren Lösungen – und zu weniger Klagen.

Der Autor: Martin Wehrle ist Karrierecoach und Coachausbilder mit eigener Akademie in Hamburg. Sein aktuelles Fachbuch heißt „Die 50 kreativsten Coaching-Ideen“. Kontakt: karriereberater-akademie.de

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