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Trendanalyse: Seminaranbieter 'zwischen Ebbe und Sturmflut'

Immer kurzfristigere Buchungszeiträume, kürzere Seminare und konkrete Erfolgsnachweise - dies sind die Trends, die die Arbeit der Weiterbildungsanbieter gegenwärtig bestimmen. Die Ergebnisse der Trendanalyse unserer Redaktion, an der sich im Juli 1997 895 Seminaranbieter und 224 Weiterbildungsverantwortliche in Unternehmen beteiligten, zeichnen ein eindeutiges Bild: Das Geschäft ist erheblich härter geworden.
Immer noch drängen neue Anbieter auf den Markt, die im Kampf um Aufträge Honorarzugeständnisse machen oder die gewachsene Unzuverlässigkeit der Auftraggeber bezüglich Terminen und Leistungsabsprachen billigend in Kauf nehmen. Auch die etablierten Anbieter bleiben von dieser Entwicklung nicht verschont. Das Feilschen um Rabatte für sogenannte 'Standardseminare' gehört inzwischen zum Tagesgeschäft. Spezialisten verbringen ihre Arbeitszeit entweder mit weitgehend erfolgloser Akquise oder können sich vor Aufträgen kaum retten. 'Zwischen Ebbe und Sturmflut' beschreibt ein Anbieter stellvertretend für viele die gegenwärtige Auftragssituation. Trainer sind vor diesem Hintergrund immer häufiger gefordert, sich in Netzwerken zusammenzuschließen, um ihren Auftraggebern komplette Systemlösungen anbieten zu können - der Vergleich mit der Zulieferindustrie in der Automobilbranche drängt sich auf.
Die Ergebnisse zur Auftragslage 1996 zeigen deutlich, wie stark der Weiterbildungsmarkt in Bewegung ist. Daß die Auftragszahlen gegenüber dem Vorjahr unverändert geblieben sind, können lediglich 22 Prozent der Seminaranbieter und Trainer für sich feststellen. Ob sich die Spreu vom Weizen trennt und sich damit die vehement eingeforderte Qualität durchsetzt, läßt sich anhand der Zahlen kaum seriös schlußfolgern. Fakt ist hingegen, daß sich der Markt immer deutlicher in Gewinner und Verlierer spaltet: Höhere Aufträge verzeichneten 49 Prozent, rückgängige Auftragszahlen mehr als 29 Prozent der Anbieter.

Flexibilität als Erfolgsgarant

Zu den eindeutigen Gewinnern dürfen sich wie schon im vergangenen Jahr die Anbieter mit sechs bis zehn Mitarbeitern zählen. Auf die Frage 'Wie hat sich die Auftragslage verglichen mit dem Vorjahr (1995) verändert?' konnten sich 58 Prozent über eine Erhöhung bzw. eine starke Erhöhung freuen (siehe Abb. S. 5). Doch auch die Weiterbildungsanbieter mit drei bis fünf festen Mitarbeitern konnten zu 54 Prozent höhere Auftragszahlen verbuchen. Flexibilität und Spezialisierung im überschaubaren Team scheinen das Erfolgsrezept zu sein, mit dem externe Bildungsanbieter Unternehmen am besten überzeugen können. Der verstärkte Wunsch nach 'maßgeschneiderten' Weiterbildungskonzeptionen ist weder von 'Einzelkämpfern' noch von großen Instituten hinlänglich zu erfüllen. Ein effizientes Team von Spezialisten für unterschiedliche Aufgabenstellungen, die jedoch eine gemeinsame Sprache und Philosophie vertreten, ist hierzu weitaus besser geeignet.
Doch auch die großen Weiterbildungsanbieter haben sich inzwischen konsolidiert. 46 Prozent der Unternehmen mit über 50 festen Mitarbeitern können sich gegenüber dem Vorjahr über eine erhöhte bzw. stark erhöhte Auftragslage freuen. Im Bereich rückläufiger bzw. stark rückläufiger Aufträge liegen sie sogar leicht unter dem Branchendurchschnitt. Im vergangenen Jahr mußten noch mehr als 32 Prozent dieser Unternehmen mit rückläufiger Auftragslage kämpfen - ein Wert, der acht Prozent über dem damaligen Branchendurchschnitt lag.
Prekär ist hingegen die Situation der Unternehmen mit 26 bis 50 Mitarbeitern. Fast die Hälfte verzeichnet einen Rückgang der Auftragszahlen, über sieben Prozent haben sogar mit stark rückläufigen Aufträgen zu kämpfen. Bildungsanbieter dieser Größe geraten zunehmend in die Zwickmühle zwischen Spezialisierung und Wachstum. Wer sich als Anbieter im Weiterbildungsmarkt langfristig behaupten will, muß sein Angebot entweder konzentrieren und spezifizieren oder aber über die schiere Größe die gesamte Bandbreite an Themen bieten können. Dazwischen wird die Luft immer dünner.
Kaum mehr möglich erscheint es auch, mit offenen Seminaren Geld zu verdienen. Für Trainer und Institute, deren Angebot sich hauptsächlich auf dieses Segment beschränkt, wird es in den nächsten Jahren um die nackte Existenz gehen. Denn ein Zusammenhang ist geradezu frappierend: Je größer der Anteil offener Seminare am Gesamtangebot, desto schlechter die Lage des Anbieters. Knapp 46 Prozent der Institute und Trainer, die 1996 ausschließlich offene Seminare offerierten, mußten rückgängige Auftragszahlen hinnehmen. Dieser Wert liegt 17 Prozent über dem Branchendurchschnitt. Die drastisch veränderte Nachfragesituation macht das Statement eines Bildungsanbieters deutlich: 'Vor acht Jahren hatten wir ein Produkt - nämlich offene Seminare -, vor drei Jahren waren es drei Produkte, heute sind es zwölf Produkte, resultierend aus verschiedenen Dienstleistungen, die wir zum gleichen Thema anbieten.'

Honorarsätze relativ stabil

Als wesentlich stabiler als die Auftragslage erweisen sich die Trainerhonorare. 56 Prozent stellten keine Veränderung fest. Sinkenden Honoraren bei 20 Prozent der Befragten stehen 25 Prozent gegenüber, die steigende Honorarsätze verzeichnen konnten (siehe Abb. S. 4). Freischaffende Einzeltrainer haben es dabei deutlich schwerer, ihre Forderungen durchzusetzen. 27 Prozent mußten in 1996 Abschläge hinnehmen. Auch dies spricht letztlich für eine Kooperation mit einen starken Partner. Denn die Größe des Anbieters erweist sich als stabilisierend auf die Honorarsätze. Zum Vergleich: Nur etwas über elf Prozent der Anbieter mit über 50 festen Mitarbeitern verzeichneten rückläufige Honorare. Das Axiom 'Je größer das Institut, desto stabiler die Honorare' durchbrechen lediglich wieder die Anbieter mit 26 bis 50 festen Mitarbeitern. Hier konnte nur etwas über die Hälfte der Unternehmen ihre Honorarsätze von 1995 halten, 22 Prozent mußten Abschläge einräumen - eine unmittelbare Folge ihrer schlechten Auftragslage, denn der Marktmechanismus funktioniert erbarmungslos: Rückläufige Aufträge ziehen umgehend Konzessionen bei den Honoraren nach sich. Ein deutlicher Hinweis darauf, daß die Auftraggeber härter mit den Bildungsanbietern verhandeln und deren Angebot kritischer überprüfen. Für Seminaranbieter besonders hakelig: Wer bei Honoraren Konzessionen macht, gerät schnell in den Verdacht, schlechte Qualität oder allenfalls 'Stangenware' zu liefern. Inzwischen hat sich jedoch bei Unternehmen herumgesprochen, daß IHKs, Stiftungen oder Volkshochschulen Standardseminare zu konkurrenzlos günstigen Preisen offerieren - bei durchaus beachtlicher Qualität.
Autor(en): (jgr)
Quelle: Training aktuell 01/98, Januar 1998
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