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Beitrag von Markus Albers aus managerSeminare 332, November 2025
Der Fluch des Prozessionismus: Warum uns unsere Arbeit immer mehr erschöpft und immer unfreier macht
Paradoxe Realität: Wieso wir immer mehr arbeiten und dabei immer weniger erreichen
Unerwartet rückschrittlich: Was Wissensarbeit heute tayloristisch macht
Emanzipationsprojekt: Wie es gelingen kann, aus dem Arbeitsprozess-Diktat der Tech-Konzerne auszubrechen
Hier geht es zur gesamten Ausgabe managerSeminare 332
Es ist ein bisschen absurd: Ausgerechnet jener Konzern, dessen Produkte uns ständig ablenken, in Meetingschleifen gefangen halten und zu permanenter Kollaboration anstacheln, stellt plötzlich fest, dass diese Art zu arbeiten offenbar doch keine gute Idee ist, mehr noch, dass sie ein regelrechtes Problem darstellt. Microsoft, dessen Office-Tools wie Outlook uns schon länger mit E-Mails bombardieren und dessen Kollaborationsplattform Teams dafür sorgt, dass auch noch jede Menge Chats dazukommen, während wir gleichzeitig damit beschäftigt sind, eine schier endlose Reihe von Videocalls zu absolvieren – ausgerechnet Microsoft sagt sinngemäß: Sorry. War ein Versehen. Klappt alles doch nicht so gut.
Die Weltmacht der Produktivitätssoftware stellt erschrocken fest, dass ihre Tools uns in Wahrheit weniger produktiv machen. Das kommt, ehrlich gesagt, ein bisschen spät, denn mittlerweile haben sich fast alle Unternehmen mit derartigen Tools eingedeckt und ihre Workflows um sie herumgebaut. Im sogenannten Microsoft Work Trend Index – einer weltweiten Studie zum Zustand unserer Arbeitswelt – findet sich das vernichtende Urteil, wir alle seien „digital verschuldet“, sprich: „Die Flut von Daten, E-Mails, Meetings und Benachrichtigungen übersteigt die Fähigkeit des Menschen, all das zu verarbeiten. Und das Arbeitstempo wird immer höher. Alles kommt uns wichtig vor.“ Und deswegen verbringen wir, so heißt es in der Studie, unsere Arbeitstage mit dem Versuch, aus den metaphorischen roten Zahlen zu kommen. Da reiht sich dann Call an Call, werden Boards gepflegt, Tickets weitergeschoben, Tasks abgehakt, kurz: Wir befinden uns in einer von digitalen Tools und Prozessen dominierten Arbeitswelt des Always-on, die so keiner wollte, aus der wir uns aber nicht mehr befreien können.
Mich betrifft das auch persönlich. Als junger Journalist bin ich beruflich noch in einer vorwiegend analogen Medienwelt sozialisiert worden. Magazine und Zeitschriften erschienen als Druckausgabe täglich, wöchentlich, monatlich. Sie mussten zu einem festen Zeitpunkt fertig sein, und das gab uns ein Gefühl von Sinn und Ziel, heute würde man sagen „Meaning and Purpose“. Die Unmöglichkeit, nach Erscheinen noch etwas zu ändern, maximierte unser Verständnis von Qualität. Und der Rhythmus der Produktion prägte nicht nur die Arbeit, sondern das ganze Leben: Vor Redaktionsschluss war der kollektive Puls hoch. Nach Versenden der Druckdaten gingen wir auf ein Bier und haben am nächsten Tag ausgeschlafen.
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