Management

Illusionen der New Work
Illusionen der New Work

Missverständnis Menschlichkeit

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Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein, und schon ist das Arbeitsleben fein. In etwa so lautet, polemisch formuliert, das Versprechen vieler neuer Arbeitskonzepte. Oft wird vorausgesetzt, dass ein Arbeitsumfeld, das „dem ganzen Menschen“ gerecht wird und auf die individuelle Persönlichkeit ausgerichtet ist, ein Hort der Menschlichkeit ist. Ein Irrtum, sagen Judith Muster und Kai Matthiesen. Aus Sicht der beiden Wissenschaftler und Berater spricht vieles dafür, dass eine Arbeitswelt, in der es weniger „menschelt“, humaner ist.

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Organisationsmitglied oder „ganzer Mensch“: Warum die Unterscheidung wichtig ist

Transformationale Führung: Was an dem Konzept inhuman ist

Eigenverantwortung: Wann sie unmenschlich werden kann

Selbstorganisation: Warum der Verzicht auf Hierarchie das Arbeitsleben nicht automatisch menschlicher macht

„One Company“-Märchen: Wie Harmoniestreben Unfrieden stiftet


Cover managerSeminare 297 vom 18.11.2022Hier geht es zur gesamten Ausgabe managerSeminare 297

Es gibt ein weit verbreitetes Missverständnis, das Menschen ihr Dasein in Unternehmen, Universitäten, NGOs und anderen Organisationen unnötig schwer macht. Es ist die Annahme, Kern und Kernproblem einer Organisation seien die Menschen, die in ihr arbeiten. Gerade im Kontext moderner Arbeitskonzepte hört man oft, dass es vor allem auf die Menschen ankomme. Auf Mitarbeitende mit dem „richtigen Mindset“. Mehr noch: Es wird der Anschein erweckt, dass eine Organisation nur dann gut funktioniert – und zudem ein humaner Ort ist –, wenn sich die Mitglieder dort als „ganzer Mensch“ einbringen können, statt „nur“ eine Rolle zu erfüllen. Dementsprechend geht man davon aus, dass die Motive, das Verhalten und auch die Defekte des Einzelnen verstärkter Aufmerksamkeit bedürfen, damit Menschen in einer Organisation glücklich und die Organisation erfolgreich sein kann.

Über Bord geworfen wird dabei eine wertvolle Errungenschaft der Moderne. Nämlich die, dass „totale Institutionen“ heute Randphänomene sind – und das auch bleiben sollten. Was eine totale Organisation ist, das hat der Soziologe Erving Goffman vor rund 40 Jahren beschrieben. Es ist eine Organisation, die tatsächlich den Zugriff auf den Menschen als ganze Person für sich beansprucht. Man findet Derartiges nur noch in Gestalt von beispielsweise psychiatrischen Anstalten und Klöstern oder, in pathologischer Spielart, von Sekten und Terrororganisationen. In den meisten anderen Organisationen dagegen kommt „der ganze Mensch“ in den Mitgliedschaftsbedingungen nicht vor – und das aus gutem Grund.

Zwischen Mensch und Mitglied zu unterscheiden, schützt

Zwischen dem „ganzen Menschen“ und dem Organisationsmitglied zu unterscheiden, mag irritierend wirken, weil Organisationsmitglieder in der Regel natürlich Menschen sind. Doch die Unterscheidung ist wichtig. Sie ist sogar eines der bedeutendsten Kennzeichen des sozialen Systems Organisation. Während Menschen zum Beispiel in einer Familie als Privatperson handeln und dabei ihre Eigenarten (mehr oder weniger) ausleben können, ohne fürchten zu müssen, aus dem Kollektiv verbannt zu werden, gibt es in Organisationen Mitgliedschaftsbedingungen, die dafür sorgen, dass die Organisation ihre Eigendynamik so weit wie möglich ungestört von menschlichen Eigenarten entfalten kann. Hält man sich nicht, zumindest offiziell, an die Regeln, wird man über kurz oder lang gekündigt.

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