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Führungsphilosophie: Mohn macht Mut

Es gibt sie noch: Unternehmer, die Größe besitzen, ohne dass man dabei unweigerlich an den Schwindel erregenden Börsenwert ihres Firmenimperiums denkt. Reinhard Mohn gehört zweifellos dazu. Er verschont uns mit autobiographisch angehauchten Erfolgsrezepten à la 'So machte ich Bertelsmann zum global player'. Stattdessen übergibt er das Unternehmen frühzeitig in jüngere Hände, bringt sein Vermögen in eine Stiftung ein und forciert fortan die Idee der Mitarbeiterbeteiligung, anstatt in zahllosen Büchern über Motivationstipps zu räsonieren.

Es sind die großen gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Entwürfe, die den Ex-Bertelsmann-Chef bewegen. Wie müssen Wirtschaft und Gesellschaft organisiert sein, damit eine friedliche Koexistenz bei einem zunehmenden individuellen Freiheitsbedürfnis möglich ist? Auf welche ethischen Grundlagen müssen wir uns verständigen? Welche Strukturen unterstützen soziale Lernprozesse? Was legitimiert Führung in einer selbstbewussten Bürgergesellschaft? Das sind einige der zentralen Fragen, denen sich Mohn in seinem Buch 'Menschlichkeit gewinnt' widmet. Mögen diese Fragen dem ein oder anderen zu abstrakt erscheinen, die Probleme, die sich aus deren hartnäckiger Ignoranz ergeben, sind allgegenwärtig und konkret. Aktuelles Beispiel: Selbstverwirklichung und persönliche Lebensgestaltung werden als selbstverständlich eingefordert, selbst etwas für seine Altersvorsorge zurück zu legen, erfordert aber im wahrsten Sinne des Wortes einen Staatsakt mit zweifelhaftem Ergebnis.

'Wir kennen die Lösungen, aber wir haben nicht den Mut zu ihrer Realisierung', sagt Mohn an anderer Stelle und zielt damit auf das grundsätzliches Problem unseres mit Reformen lavierenden Staates und seiner ebenso lavierenden Bürger. Mut zu echter Eigenverantwortung und Gemeinschaftsfähigkeit seien die unerlässlichen Grundlagen, auf denen sich ein Gemeinwesen kontinuierlich weiterentwickeln könne. Die individuelle Fähigkeit, das eigene Handeln in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen, ist für Mohn so etwas wie eine Schlüsselqualifikation, die wir uns schnellstmöglich aneignen sollten. Freiheit und individuelle Lebensentwürfe stünden dem nicht entgegen, sondern ließen sich dadurch erst verwirklichen.

Das Buch liest sich fast schon wie ein Vermächtnis. Vieles, was Mohn sagt, ist zutiefst moralisch, gegen den Zeitgeist gerichtet, für einen Unternehmer untypisch. Aber eines ist es deswegen gerade nicht: Falsch.
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