Newsticker

Learntec 2004: Eine Branche will ihren Namen loswerden

Ein kleiner Rückgang auf 8.300 Besucher, mehr allgemeine Bildungsthemen und mündigere Nachfrager: Die Learntec vom 10. bis 13. Februar 2004 in Karlsruhe war irgendwie anders als die Jahre zuvor.

'Raus aus dem Dschungel' prangte in großen Lettern auf dem als Urwald gestalteten Gemeinschaftsstand von der Audi AG, der X-Pulse e-Learning GmbH und der Katholischen Universität-Eichstätt-Ingolstadt. Audi als Aussteller auf der Learntec? Was macht ein e-Learning-Kunde inmitten einer Messe, auf der sich e-Learning-Anbieter präsentieren?

'Wir fühlen uns im Dschungel und möchten darauf hinweisen', lautete die Antwort von Christiane Nicolai, e-Learning-Projektleiterin bei dem Automobilkonzern. Der Hintergrund für ihre Aussage: 2001 führte die Audi AG in einer viel beachteten IT-Qualifizierungsoffensive ihre 44.000 Mitarbeiter an das Lernen mit Partner Computer heran (vgl. managerSeminare 56/2002). Das Projekt war so erfolgreich, dass die Mitarbeiter auch weitere Inhalte per e-Learning vermittelt haben wollten. Doch schon kurze Zeit nach der Qualifizierung machte Nicolai schlechte Erfahrungen mit der Technik: 'Wir haben einen neuen Browser eingeführt, und die Inhalte der IT-Qualifizierung waren quasi nicht mehr zu gebrauchen.' Damit Audi eine weitere Erfahrung dieser Art erspart bleibt, benennt Nicolai ihre Anforderungen heute deutlich: 'Wir wollen nicht die Produkte der Contentanbieter, sondern ihre Inhalte, und zwar XML-basiert, damit wir technologisch unabhängig sind.' Weitere Anforderungen: kleine Module, die arbeitsprozessorientiert zu maßgeschneiderten Kursen in einer einheitlichen Lernumgebung zusammengestellt und jederzeit geändert werden können. Mit ihrer Forderung steht Nicolai nicht allein, wie ihr bereits von mehreren Unternehmen rückgemeldet wurde. Und so sah sie ihren Messeauftritt während des 10. bis 13. Februar 2004 in Karlsruhe als Gelegenheit, mit anderen Personalentwicklern ins Gespräch zu kommen, um hinsichtlich Entwicklung und Nutzung von Inhalten zu kooperieren.

Mündigere Nachfrager

Mit der ungewöhnlichen Präsenz als Aussteller auf der Learntec lieferte Audi ein Beweisstück in Reinform für einen inzwischen mündiger gewordenen e-Learning-Nachfragermarkt. 'Impulse für die Marktentwicklung werden weniger von kreativen Lösungen der e-Learning-Anbieter als von neuen Kundenanforderungen ausgehen', fasste auch Edgar Wang, Consultant aus Bornheim und Moderator verschiedener inhaltlicher Tracks der Learntec, seine Beobachtungen im Rückblick zusammen.

Wang moderierte u.a. ein Branchenpodium zur Zukunft des e-Learning-Marktes. Während seiner Einschätzung zufolge das Thema vor zwei Jahren noch volle Bänke garantiert hätte, besuchten jetzt nur etwa gut zwei Dutzend Interessenten den Vortrag auf dem begleitend zur Messe stattgefundenen Kongress. Ein Indiz dafür, dass sich die Branche inzwischen weniger um sich selbst dreht und sich mehr den Herausforderungen des Personalmanagements widmet?

Dass die Branche erwachsener geworden ist, konnte jedenfalls auch Alexander Ross aus Berlin - auf der Pressekonferenz als kritischer Beobachter der Szene vorgestellt -, berichten: 'Der Markt steht zunehmend auf eigenen Füßen, was z.B. an den auslaufenden Förderungen und der Gründung der Interessensvertretung D.ELAN zu erkennen ist.' (vgl. zur Gründung Seite 32) Ross glaubt, dass der Markt langsam erkennt, dass er ein von der Personalentwicklung abgeleiteter Markt ist.

Mehr Bildung, weniger Technik

Und tatsächlich spiegelte gerade auch der Kongress der Learntec dieses Bild wider: Neben speziellen e-Learning-Fragestellungen wurden auch allgemeinere Bildungsthemen diskutiert. Der Track zum Thema Bildungscontrolling - initiiert von Nils Jörgensen von Bridge2- thinK, Basel - lockte z.B. mehr Zuhörer an, als kurzfristig in dem Raum Platz fanden.

Einer der Referenten zum Thema Bildungscontrolling war Dr. Joachim Hasebrook von Efiport, Frankfurt. Hasebrook griff die Meldung auf: 'Powerpoint ist schuld am Absturz der Columbia', die darauf anspielt, dass die Astronauten mit dem powerpoint-üblichen sieben Schlagworten verdummt wurden. e-Learning, so Hasebrooks selbstkritische These, läuft Gefahr, ein ebenso verdummendes Instrument zu werden. Eindringlich wies er daher auf die Wichtigkeit der Contentaufbereitung hin. In diesem Zusammenhang zitierte er die kürzlich veröffentlichte Schlagzeile 'Content ist out, Kontext ist in'. Selbst zwar kein Freund von Schlagworten wies er damit aber darauf hin, dass e-Learning ohne Kontext keine Daseinsberechtigung hat. Er forderte daher eine Abkehr vom input-orientierten Denken hin zur output-orientierten Bildung, zur Performance-Verbesserung.

Hasebrook war übrigens einer der Branchenvertreter, die sich gerne von dem Label e-Learning trennen würden. Er war nicht der einzige: So erläuterte z.B. auch Walther Ch. Zimmerli, Gründungspräsident der AutoUni Wolfsburg, in seiner Keynote: 'e-Learning ist ein Wort der Vergangenheit.' Das bekam auch der neue Verband D.ELAN zu spüren, der sich mehrfach rechtfertigen musste, warum er das 'e' im Namen trägt. Dabei muss man wissen: Die Diskussion um die Schlagworte begleitet die Learntec bereits, seit es sie gibt. Garrit Skrock von der SAP AG erinnerte sich: '1995 war es das Wort Multimedia.' Es folgten CBT, WBT, e-Learning, Blended Learning, integriertes Lernen... und jetzt? Jedenfalls war Bildungscontrolling das Wort der Worte auf der Messe, und
'e-Learning wird zur Basistechnologie' war der Satz der Sätze.
Autor(en): (nbu)
Quelle: Training aktuell 03/04, März 2004
Wir setzen mit Ihrer Einwilligung Analyse-Cookies ein, um unsere Werbung auszurichten und Ihre Zufriedenheit bei der Nutzung unserer Webseite zu verbessern. Bei dem eingesetzten Dienstleister kann es auch zu einer Datenübermittlung in die USA kommen. Ihre Einwilligung bezieht sich auch auf die Erlaubnis, diese Datenübermittlungen vorzunehmen.

Wenn Sie mit dem Einsatz dieser Cookies einverstanden sind, klicken Sie bitte auf Akzeptieren. Weitere Informationen zur Datenverarbeitung und den damit verbundenen Risiken finden Sie hier.
Akzeptieren Nicht akzeptieren
nach oben Nach oben