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ASTD-Konferenz 2006: Die Weichen stehen auf Wissensvernetzung

Der Return-on-Investment von Trainings treibt Unternehmen derzeit stärker um als Fragen zur Werteorientierung im Management. Dies zeigte die 59. US-Jahrestagung der American Society for Training and Development. Auf der Konferenz wurden Weiterbildungskonzepte vorgestellt, die sich rechnen - darunter ein preisgekröntes aus Deutschland.

'Think bigger' lautete das Motto der Jahrestagung 2006 der American Society for Training and Development (ASTD). Bezog sich dieses Leitthema auf den Tagungsort der Millionenstadt Dallas, auf deren riesiges Konferenzcenter und die im Rahmen des Abendevents auf einer texanischen Farm servierten mächtigen Steaks? Oder ging es auf der Konferenz vom 7. bis 10. Mai 2006 darum, den mehr als 8.000 Teilnehmern aus 72 Ländern ein neues, über den Tellerrand des Trainers und Personalentwicklers hinausgehendes Denken zu vermitteln? Hinreichend Anstöße zum Vorstoß in neue Dimensionen boten die mehr als 225 Einzelveranstaltungen auf jeden Fall.

Kaum thematisiert: Der demografische Wandel

In den Vorträgen nahm vor allem die Verknüpfung von Personalentwicklung und Unternehmensstrategie sowie das Thema Leadership einen breiten Raum ein, ebenso das Bestreben, den Return-on-Investment von Bildungsmaßnahmen deutlich werden zu lassen. Weitere Schwerpunktthemen waren Change-Management, Talent Management, E-Learning sowie Performance Improvement. Im Gegensatz zu den Vorjahren suchte man hingegen fast vergeblich Veranstaltungen, die sich mit Fragen der Werteorientierung und des demografischen Wandels befassten.

Wegweisend: Führungskräfte entwickeln Führungskräfte

Einen wegweisenden Beitrag zur Führungskräfteentwicklung lieferte Carol Friday von Saudi Aramco, einem Ölkonsortium in Saudi-Arabien. Das Saudi Aramco Leadership Forum (SALF) stellt die Entwicklung von Führungskräften durch andere Führungskräfte des eigenen Unternehmens in den Vordergrund. Das Konzept: In einem strukturierten Prozess, der auf dem Systemmodell des Managementvordenkers Peter Senge basiert, diskutieren 'lehrende' Führungskräfte und Programmteilnehmer untereinander, ohne dass es einen externen Input gibt. Die Teilnehmer treffen sich an fünf Tagen mit elf Führungskräften in elf Blöcken von jeweils 2,5 Stunden Dauer, wobei jedem Block und jeder Führungskraft maximal 16 Programmteilnehmer zugeordnet sind. Auch die Prozessmoderation erfolgt durch die Teilnehmer selbst, die Personalentwicklung definiert lediglich den zeitlichen und inhaltlichen Rahmen der Veranstaltungen.

Systematische Wissensvernetzung ist auch beim Maschinen- und Turbinenhersteller Caterpillar angesagt, einem Unternehmen mit weltweit 90.000 Mitarbeitern in 25 autonomen Geschäftsbereichen an 300 Standorten. Vorangetrieben wird der gegenseitige Know-how-Transfer durch Aktivitäten der Caterpillar University. Sie wurde im Jahr 2001 auf Initiative des Marketing-Bereiches gegründet, der als erster die Notwendigkeit für Caterpillar erkannte, sich zu einer global lernenden Organisation zu entwickeln.

Auch Corporate Universities müssen sich legitimieren

Dave Vance, Präsident der Caterpillar University und zuvor Chefvolkswirt des Unternehmens, illustrierte auf dem Kongress, wie im Zusammenwirken von Corporate University und Geschäftsbereichen durch Bildungsprogramme, die sich an Geschäftsprozessen und kritischen Erfolgsfaktoren orientieren, bislang ein Return-on-Learning in Höhe von fast 100 Millionen Dollar erzielt werden konnte. Er betonte, wie notwendig es ist, durch Kosten-Nutzen-Berechnungen den Wertschöpfungsbeitrag von Bildungsmaßnahmen deutlich zu machen und so auch die Existenz einer Corporate University wie der Caterpillar University zu legitimieren.

IKEA und Team Connex erhalten den ASTD-Award

Nicht zuletzt tauchte die Thematik des internen Know-how-Transfers bei den Konzepten auf, die von der ASTD auf dem Kongress mit einem Preis gekrönt wurden. Insgesamt erhielten neun Unternehmen aus vier Ländern eine ASTD-Auszeichnung für besonders innovative Weiterbildungskonzepte. In der Kategorie Organisationslernen wurde dabei mit dem von der Team Connex AG und IKEA Deutschland entwickelten Programm 'Investing in People' nach mehreren Jahren wieder ein deutscher Beitrag prämiert. Und zum ersten Mal überhaupt erschöpfte sich die Ehrung für einen deutschen Beitrag nicht nur in einer so genannten Citation (lobende Erwähnung) - vielmehr gab es den 'echten' ASTD-Award of Excellence in Practice, der nur für Weiterbildungskonzepte vergeben wird, deren Nutzen und Ergebnisse bereits in Zahlen und Daten nachgewiesen sind.

Im Mittelpunkt des prämierten Konzeptes steht die interne Wissensvernetzung durch die Qualifizierung der Mitarbeiter als Wissensmultiplikatoren. Konkret heißt das: IKEA-Führungskräfte durchlaufen die Trainerausbildung von Team Connex, so dass Trainings zu Grundlagenthemen bei IKEA künftig komplett intern abgehalten werden können. IKEA-Ziel ist es, nicht nur eine lernende, sondern auch eine lehrende Organisation zu sein.

US-Trainer denken produktorientiert

Einen Überblick über den US-Bildungsmarkt bot parallel zum Kongress die Messe mit mehr als 380 Ausstellern. Dabei unterstrich das Angebotsspektrum, dass der US-Markt im Vergleich zum deutschen Trainingsmarkt wesentlich stärker produktorientiert ist und die Trainerpersönlichkeit eher in den Hintergrund tritt.

'Think bigger' - Aufforderung zur Internationalisierung?

Obwohl die Teilnehmer auf den kurzfristig erkrankten früheren Chef von General Electric, Jack Welch, als Hauptredner verzichten mussten und die Tagung ursprünglich eigentlich im attraktiveren New Orleans hätte stattfinden sollen, hatte die Konferenz ihre gewohnte Qualität. Insbesondere boten sich wieder viele Möglichkeiten der internationalen Vernetzung, die von den etwa 30 Teilnehmern aus Deutschland auch intensiv genutzt wurden. Die größten ausländischen Delegationen kamen wie in den Vorjahren mit 372 bzw. 147 Teilnehmern aus Südkorea und Japan - ein weiterer Beleg für das asiatische Streben, von anderen zu lernen und Dinge dann besser zu machen. Und für deutsche Trainer und Personalentwickler vielleicht ein Anstoß, 'Think bigger' als Aufforderung zur mentalen Internationalisierung zu interpretieren.

Informationen und Handouts zum Kongress findet man im Internet.
Autor(en): (Karlheinz Schwuchow)
Quelle: Training aktuell 06/06, Juni 2006
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