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Schiedsrichter Deniz Aytekin über Führung
Schiedsrichter Deniz Aytekin über Führung

„Respekt lohnt sich immer“

Vor fast 15 Jahren wurde Deniz Aytekin von Bundesligaspielern zum „schlechtesten Schiedsrichter der Saison“ gewählt. Eine Niederlage, die für den prominenten Spielleiter alles änderte: Aytekin begann, seine Führungsqualitäten kritisch zu hinterfragen. Heute zählt er zu den beliebtesten „Unparteiischen“ des deutschen Fußballs. Mit seinem bevorstehenden Abschied aus dem Profifußball blickt der Bundesliga-Schiedsrichter, der auch Unternehmer, Speaker und Buchautor ist, auf spannende Zeiten zurück und ist überzeugt: Von seinen Erfahrungen auf dem Fußballplatz können auch Führungskräfte einiges lernen.

Preview

Bittere Niederlage: Warum Deniz Aytekin die zweifelhafte Auszeichnung als schlechtester Schiedsrichter erhielt

Lernprozess: Wie sich der Bundesliga-Profi vom Leadership-Versager zur beliebten Führungskraft entwickelte

Handeln unter (Extrem-)Druck: Was der Führungs- und Schiedsrichterjob gemeinsam haben und was nicht

Andere Haltung, anderes Verhalten: Was sich über einen wertschätzenden Umgang mit Mitarbeitenden vom Fußballplatz lernen lässt


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Du wurdest mal als der schlechteste Schiedsrichter der Bundesliga tituliert. Wie kam es dazu?

Deniz Aytekin: Ich bin 2008 in die Bundesliga gekommen, und in der zweiten Saison, also 2010/2011, haben mich die Spieler tatsächlich zum schlechtesten Schiedsrichter gewählt. Rückblickend würde ich sagen, ich war getrieben von Perfektionismus. Ich wollte, dass jede Entscheidung von allen akzeptiert wird. Und ich habe damals jede Rückfrage oder jedes Hinterfragen einer Entscheidung als persönlichen Angriff auf mich gewertet. Ich hatte halt ein viel zu großes Ego. Deswegen habe ich die Menschen aus meiner Funktion heraus von oben herab behandelt. Die Titulierung als schlechtester Schiedsrichter hatte also wenig mit meinen fachlichen Fähigkeiten zu tun, sondern damit, wie ich mit Menschen umging. Für mich war das damals sehr ernüchternd. Ich war auf „höher, schneller, weiter, besser“ gepolt – und musste dann feststellen: Das rein Fachliche ist nicht ausreichend.

„Früher habe ich jede Rückfrage oder jedes Hinterfragen einer Entscheidung als persönlichen Angriff auf mich gewertet.“

Wie bist du dann mit dieser Erkenntnis umgegangen?

Für mich war es der Beginn einer Selbstentwicklung: Ich begann, mich selbst zu hinterfragen und zu erforschen: Wie will ich eigentlich sein, und wer bin ich wirklich? Bei jedem Spiel gibt es kritische Situationen, weswegen man als Schiedsrichter davon ausgehen kann, dass mindestens 50 Prozent der Beteiligten gegen eine Entscheidung sind, die man trifft. Von der Kritik, die man dann erlebt, darf man sich jedoch nicht verunsichern lassen. Man muss zu seiner Entscheidung stehen. Aber es war in meinem Fall so, dass ich mich in vielen Situationen später im Fernsehbild gar nicht mehr selbst wiedererkannt habe. Ich dachte mir: So bin ich doch nicht! Ich bin doch nicht so aggressiv unterwegs! Zumindest war ich das nie außerhalb des Spielfeldes. Also fragte ich mich: Was ist da los mit mir?

Und wie hast du es geschafft, dein Ego zurückzuschrauben, besser mit Kritik umzugehen und das Menschliche stärker in den Vordergrund zu stellen?

Da spielten viele Faktoren mit rein. Wichtig war für mich ein Buch, auf dass ich damals gestoßen war: „Der Selbstentwickler“ von Jens Corssen. Das Buch war wie ein innerer Kompass für mich. Es hat mir erstmals vor Augen geführt, wie wichtig es ist – sei es als Schiedsrichter oder Führungskraft –, Person und Verhalten zu trennen. Oder genauer: dass es entscheidend ist, Verhalten zwar konsequent zu sanktionieren, aber dennoch mit dem Menschen herzlich und empathisch umzugehen. Das hatte ich vorher nicht geschafft. Später habe ich Jens Corssen übrigens auch persönlich kennengelernt. Daraus ist eine Freundschaft und ein regelmäßiger Austausch entstanden.

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