Ein verstreutes Ensemble an umgefallenen Tischen, Stühlen und einer Liege. Antiquiert und in die Jahre gekommen sind die guten Stücke, gebraucht und abgewetzt. Was ist passiert? Ein Ehestreit unter Senioren? Ein nahender Sperrmülltermin? Doch dazu liegen die Möbelstücke zu geordnet und arrangiert am Boden. Es muß sich jemand etwas dabei gedacht haben. Und richtig: 'Tatort' ist das Kunstmuseum Bonn. Wir sitzen vor dem Werk von Reiner Ruthenbeck 'Umgekippte Möbel, Version Bremerhaven (1971)' - ein typischer Vertreter zeitgenössischer Kunst also. Wir, das sind der schreibende Berichterstatter sowie der Kölner Diplompsychologe Hans-Christian Heiling. Die bohrend-philosophische Frage 'Was will uns der Künstler damit sagen?' möchte letzterer von mir beantwortet wissen. Doch interessieren ihn weniger meine mehr als lückenhaften Kunstkenntnisse, als vielmehr die ganz persönlichen Empfindungen, Gedanken und Eindrücke. Die sind zunächst einmal recht schwer in Worte zu fassen. Abgesehen davon, daß die arrangierten Möbelstücke mich sofort an die typische Einrichtung meiner Großeltern erinnern. - Ja, ein wenig unbehaglich und bedrohlich wirkt die Skulptur auf mich. Die Möbelstücke sind nicht kaputt, sondern zweckentfremdet. Da war keine blinde Zerstörungswut am Werk, eine gezähmte Gewalttätigkeit bringt die Szenerie jedoch schon zum Ausdruck. Eine Art schöpferische Zerstörung vielleicht, die in eine neue Ordnung mündet - wenn auch deren Zweck für mich nicht so recht ersichtlich ist…