'Theater ist immer Krise', sagt der langjährige Regisseur, Dramaturg, Intendant und Schauspieldirektor Bernd Leifeld. Der 49jährige ist seit drei Jahren Chef der renommierten Kasseler Weltkunstausstellung Documenta. Krise versteht der Künstler als konstruktive Spannung. Was möglicherweise daran liegt, daß er, wie der Bamberger Kultursoziologe Gerhard Schulze formulierte, 'aus einer Absicht heraus handelt, und nicht, um einem Zweck zu dienen'.
Eine Absicht leitet tatsächlich den vom Künstler zum Manager gewandelten Leifeld. Und die sei, wie er sagt, die Verhältnisse für die Documenta so zu organisieren, 'daß es nur einen Sieger gibt, und das ist die Kunst.' Er habe im Theater immer gesagt, auf der Bühne gebe es keine Kompromisse. Leifeld: 'Wenn sich ein Regisseur entscheidet, das Gretchen im Faust nackt auftreten zu lassen, gehe ich davon aus, daß das eine konzeptionelle Entscheidung ist, die von künstlerischen Kriterien getragen ist.' Und deshalb werde er das immer nach außen hin vertreten. Auch Kunstbetrachtung habe etwas mit Bildung zu tun; das Sehen lernen, wie Brecht gesagt hätte. 'Darum darf es auch im Ausstellungsbereich keinerlei Einschränkungen geben, weder durch Politiker, noch durch Finanzleute und schon gar nicht durch Sponsoren.'
Solche Managementtugenden waren gefragt, als beim Unternehmen Documenta im Jahr 1995 nach einem längeren Gefecht zwischen dem künstlerischen Leiter und dem Geschäftsführer letzterer geschlagen den Kriegsschauplatz verlassen mußte. Leifeld war Anfang der 80er Jahre schon mal in Kassel engagiert gewesen, als Schauspieldirektor am Staatstheater, zu einer Zeit, als Giancarlo del Monaco Intendant war. 'Und das hieß immer Krise', erzählt Leifeld. 'Also Theater ist sowieso immer Krise, aber mit Giancarlo del Monaco war das besonders krisenhaft.'…