Führung meets Coaching
Führung meets Coaching

Von der Ich- auf die Du-Ebene

Martin Wehrle erklärt, was der Vorteil einer Du-assoziierten Gesprächsführung ist und wie sie uns gelingt.

Es gibt drei Ebenen, auf denen wir uns in einem Gespräch bewegen können: die Ich-, die Du- und die Metaebene. Wenn wir plaudern, bevorzugen wir die Ich-Ebene. Bei jedem Wort unserer Gesprächspartnerin fragen wir uns: Was hat das mit mir zu tun? Habe ich eine ähnliche Erfahrung gemacht? Teile ich ihre Meinung, oder sehe ich das anders? Was uns dazu einfällt, bringen wir direkt ins Gespräch ein. Wenn etwa eine Freundin zu uns sagt: „Ich hatte gestern Abend eine Panne auf der Autobahn“, erinnern wir uns, dass wir auch einmal vom ADAC gerettet wurden – und erzählen sofort diese Geschichte.

Solche Ich-Assoziationen weisen einen gravierenden Nachteil auf: Der Scheinwerfer der Aufmerksamkeit wendet sich vom Gesprächspartner zu einem selbst. Dem Gegenüber wird damit die Möglichkeit genommen, sein Erlebnis zu vertiefen. Indem ein ähnliches Erlebnis danebengestellt wird, wird dieses zudem entwertet, es ist dann nur noch eines von vielen.

Viele Führungskräfte agieren auch im Beruf Ich-assoziiert. Zum Beispiel sagt die erfahrene Bereichsleiterin zu einer Nachwuchsführungskraft, die gerade klagt, sie fühle sich überfordert: „Wissen Sie, auch ich hatte in meinen ersten Führungsjahren oft dieses Gefühl. Aber das verliert sich mit wachsender Erfahrung.“ Solche Sätze sind gut gemeint. Aber wie fühlt sich das Gegenüber damit? Nicht ernst genommen. Besser sind Du-Assoziationen. Statt dem Impuls nachzugeben, der Nachwuchskraft die eigenen Erfahrungen zu schildern, könnte die Bereichsleiterin etwa zu sich selbst sagen: „Moment! Es geht nicht um mich, sondern um sie. Ich stelle ihr jetzt Fragen, um genau herauszufinden, warum sie so empfindet. Nur wenn ich mich auf sie einlasse, kann ich sie wirklich verstehen.“

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Aber wie gelingt es, die eigenen Ich-Assoziationen zu zügeln? Dazu braucht es ein drittes inneres Spielfeld, das im Coaching eine Hauptrolle spielt: die Metaebene. Das ist eine Art Tribüne, von der aus wir unser eigenes Denken und den Verlauf von Gesprächen verfolgen können. Auf die Metaebene kommen wir, wenn wir im Gespräch eine gewisse Distanz zu uns selbst einnehmen. Aus dieser Distanz heraus lassen sich Ich-Assoziationen zurückstellen, und es kann jederzeit auf die Du-Orientierung umgeschaltet werden. Und je mehr wir uns auf unser Gegenüber einlassen, desto besser werden wir es verstehen können. Oft ist der erste Eindruck, geprägt durch Ich-Assoziationen, nämlich völlig falsch. Zum Beispiel ist es möglich, dass sich die Nachwuchsführungskraft nicht wegen ihrer mangelnden Erfahrung überfordert fühlt, sondern wegen eines neidischen Kollegen. Das muss ihr selbst nicht bewusst sein, kann aber durch konsequentes Fragen ans Licht kommen.

Idealerweise machen wir unser Gegenüber im besten Sinne zum Forschungsobjekt – indem wir gar nichts voraussetzen, sondern alles nachfragen. Nur eine solche Du-assoziierte Gesprächsführung dringt zur Wurzel eines Anliegens vor. Zudem stärkt eine solche Haltung die Beziehung, denn das Gegenüber spürt und schätzt das aufrichtige Interesse – und zahlt oft in derselben Währung zurück.

Der Autor: Martin Wehrle ist Karrierecoach und Coachausbilder mit eigener Akademie in Hamburg. Sein aktuelles Fachbuch heißt „Die Coaching-Schatzkiste“. Kontakt: www.karriereberater-akademie.de

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