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Übersicht AnsprechpartnerBeitrag aus managerSeminare 322, Januar 2025
Widersinniger Ruf nach Kontrolle: Warum Vertrauen der klügere und ökonomischere Weg ist
Fehlendes Vertrauen ins Homeoffice: Wieso es für misstrauische Führungskräfte wichtig wäre, vom Ergebnis her zu denken
Da sein reicht schon: Warum Führungskräfte unverzichtbar sind, sich aber, wann immer möglich, zurückhalten sollten
Kommunikation möglich machen: Was den Kern guter Führungsarbeit ausmacht
Herr Simon, Sie werden auf den Petersberger Trainertagen 2025 mit dem Life Achievement Award der Weiterbildungsbranche geehrt. Der Kongress steht diesmal unter dem Motto Vertrauen; es geht um Vertrauen in allen Lesarten. Wie schätzen Sie das Thema bezogen auf die heutige Arbeitswelt ein?
Fritz B. Simon: Wichtig ist aus meiner Sicht, sich klarzumachen, dass man Vertrauen nicht anordnen kann, sondern, dass es entsteht. Vertrauen ist das Ergebnis eines Prozesses von Erfahrungen, die man mit seinem Arbeitgeber, mit seinen Kollegen und Kolleginnen, mit Geschäftspartnern und Geschäftspartnerinnen – kurz: mit wem auch immer – gemacht hat. Deswegen ist es schwierig, Vertrauen zu proklamieren bzw. zu fordern, so schön es auch ist, zu vertrauen. Denn es macht, wie schon Niklas Luhmann aufgezeigt hat, das Leben einfacher – und auch kostengünstiger.
Wieso kostengünstiger?
Wir erleben ja häufig, dass immer dann, wenn etwas Kritisches geschieht, sofort der Ruf nach Kontrolle erschallt. So beobachtete ich es damals, in meiner Zeit als aktiver Psychiater, wenn ein Patient in einer Bäckerei beispielsweise plötzlich ein Messer gezückt hatte; da wurde sofort nach mehr Kontrolle gerufen. Und genauso war und ist es auch jetzt wieder, u.a. nach dem Anschlag in Solingen, in Politik und Gesellschaft zu beobachten. Aber Kontrolle funktioniert in Sozialsystemen nicht wirklich gut und langfristig. Jeder, der auf Kontrolle setzt, handelt sich Probleme ein. Menschen sind im Prinzip vollkommen unberechenbar, weil sie innengesteuert handeln und niemand in sie hineinschauen kann. Doch sie halten sich meist an Spielregeln, weil es sich für sie lohnt – auch wenn es manchmal die Kreativität einschränkt –, innerhalb der Spielregeln zu bleiben. Vertrauen ist der klügere Weg, weil es die Komplexität der Situation reduziert und erst einmal nichts kostet. Ich denke, der ganze Ostblock ist daran gescheitert, dass man dort nicht auf Vertrauen, sondern auf Kontrollmechanismen gesetzt hat. Und ich selbst habe als Psychiater genügend paranoide Patienten behandelt, um zu erleben, welche Auswirkungen mangelndes Vertrauen hat: Wenn man einen Hausbesuch bei so einem Menschen machte, dann hat es oft eine Viertelstunde gedauert, bis der- oder diejenige die Haus- oder Wohnungstür geöffnet hatte – derart viele Schlösser waren da angebracht. Das zeigt in zugespitzter Form: Nicht zu vertrauen, ist einfach unökonomisch, um es mal ganz nüchtern zu formulieren. Man muss das Thema Vertrauen gar nicht moralisch überhöhen, um zu verdeutlichen, wie sehr es sich lohnt. Denn wenn man hundertmal vertraut und dreimal enttäuscht wird, ist das immer noch eine ziemlich gute Rate. Jedenfalls eine viel bessere, als wenn man hundertmal nicht vertraut hat und somit nie herausfindet, wie einfach das Leben hätte sein können, wenn man vertraut hätte.
„Nicht zu vertrauen, ist einfach unökonomisch. Man muss das Thema Vertrauen gar nicht moralisch überhöhen, um zu verdeutlichen, wie sehr es sich lohnt. Denn wenn man hundertmal vertraut und dreimal enttäuscht wird, dann ist das immer noch eine ziemlich gute Rate.“
Im Kontext neuer hybrider Arbeitsmodelle, bei denen Mitarbeitende oft im Homeoffice sind, zeigt sich ja gerade: Manchen Führungskräften fällt es leicht, zu vertrauen, andere haben ein großes Kontrollproblem ...
Ja natürlich. Doch, wie gesagt, Kontrolle funktioniert nie – weil sie nie hundertprozentig ist. Beordert man alle Mitarbeitenden aus Kontrollgründen ins Büro, kann man trotzdem nicht lückenlos kontrollieren, was sie während der Arbeitszeit tun. Das Problem ist auch: Immer wenn auf Kontrolle gesetzt wird, ist das eine Einladung, zu versuchen, dem zu entgehen. Und selbst wenn nahezu vollständige Kontrolle möglich wäre, stünde der Aufwand und Nutzen in keinem Verhältnis zu den Kosten. Ich bin ja auch selbst als Geschäftsführer des Carl-Auer Verlages eine Führungskraft, deren Mitarbeitende überwiegend im Homeoffice tätig sind. Und ich gestehe, dass auch ich manchmal denke, die sind die meiste Zeit im Garten und pflegen ihre Blumen. Aber weil ich genau weiß, dass es ohnehin nicht funktioniert, Kontrollideen zu entwickeln und umzusetzen, rufe ich mich selbst zur Räson.
Wie schaffen Sie das?
Ich rufe mir ins Gedächtnis: Was entscheidend ist, ist nicht die Arbeitszeit, sondern, wie die Arbeit gemacht wird, wie die Leistung bzw. was das Resultat der Arbeit ist. Ich würde Leistung nie nach Stunden bewerten, sondern immer nach dem Ergebnis. Ich erinnere mich auch an eine Diskussion in der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni Witten. Da ging es um Credit Points, die die Studenten für ihre Arbeiten erhalten, und die Frage war: Müssen wir den Studenten Credit Points dafür vergeben, dass sie so und so lange an einer Arbeit gesessen haben? Ich glaube, ich war – obwohl ich ja kein gelernter Ökonom bin – der Einzige, der gesagt hat: Seid ihr verrückt, dass ihr Fleißkärtchen vergeben wollt? Wenn einer in einer halben Stunde eine tolle Arbeit schreibt, dann muss sie doch positiv bewertet werden! Und wenn jemand nach sechs Stunden eine mittelmäßige Arbeit schreibt, dann hat er doch deswegen nicht mehr Credit Points verdient!
„Ob Mitarbeitende im Homeoffice zum Beispiel während der Arbeitszeit ihren Rasen mähen, ist total irrelevant, wenn am Ende die Leistung, die herauskommt, stimmt. Ich jedenfalls habe beim Rasenmähen schon gute Ideen gehabt.“
Kurzum: Ich denke, man sollte bei dem Thema auf die Sachebene kommen. Alles andere à la „Ich gönn' dem jetzt nicht, dass er in der Arbeitszeit seinen Rasen mäht“ spielt sich auf einer persönlichen Ebene ab und ist total irrelevant, wenn die Leistung, die am Ende herauskommt, stimmt. Ich jedenfalls habe beim Rasenmähen schon gute Ideen gehabt.
Was macht Ihrer Ansicht nach, abgesehen von der Fähigkeit, zu vertrauen, sonst noch eine gute Führungskraft in der heutigen Zeit aus?
Das Wichtigste ist aus meiner Sicht, dass es die Führungskraft überhaupt gibt. Denn ein großer Teil der Funktion einer Führungskraft besteht ja darin, dafür zu sorgen, dass Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden. Es geht ja immer um Entscheidungen in Organisationen, und vor jeder Entscheidung steht ein sachlicher Konflikt zwischen unterschiedlichen Handlungsoptionen. Erst die Zukunft wird ja klären, welche Wahl richtig gewesen wäre. Daher kommt es zwangsläufig und eigentlich unvermeidlich zu Konflikten zwischen widersprüchlichen Zielen und ihren Proponenten. Wenn diese Konflikte nicht („selbstorganisiert“) zu einer Entscheidung führen, muss die Führungskraft aktiv werden. Meine Idee war immer, dass dafür eigentlich nur ein Büro nötig ist, an dessen Tür „Führungskraft“ steht – und die Fantasie, dass jemand drinsitzt. Das reicht oft schon, um Entscheidungen unter Kollegen und Kolleginnen zu beschleunigen beziehungsweise die Mitarbeitenden zu einer schnelleren Einigung zu bewegen. Sie müssen einfach nur wissen: Es gibt eine Führungskraft, die, sofern wir uns nicht einigen, sich einmischen und entscheiden wird – und zwar in einer Art und Weise, die dann meist keinem der Beteiligten gefällt.
Eine gute Führungskraft übt sich also in Zurückhaltung?
Ich würde einer Führungskraft tatsächlich raten, sich aus den Konflikten der Mitarbeitenden so lange herauszuhalten, wie die Mitarbeitenden ihre Konflikte allein lösen können. Ein Konflikt ist ja zunächst einmal nichts Ungewöhnliches, sondern völlig normal. Denn Organisationen sind auf Konflikten aufgebaut, sie sind gewissermaßen Struktur gewordene Konflikte. Es gibt in ihnen aufgrund der Arbeitsteilung und der sich daraus ergebenden unterschiedlichen Interessen zwangsläufig strukturelle Zielkonflikte, etwa zwischen Vertrieb und Produktion und Entwicklung. Diese Konflikte sind unvermeidlich, weil die Bereiche unterschiedliche Ziele verfolgen. Man sollte sie daher nicht Personen zuschreiben. Eine Führungskraft muss immer dann tätig werden, wenn solche Konflikte zu einer Entscheidungsblockierung führen, denn dann käme alles zum Stillstand. Letztlich geht es darum, als Führungskraft davon auszugehen: Wenn man keine Idiotinnen und Idioten eingestellt hat, kann man getrost darauf vertrauen, dass die Mitarbeitenden schon wissen, was zu tun ist. Es geht also primär darum, die autonome Handlungsfähigkeit der Mitarbeitenden herzustellen. Aber wenn es Konflikte darüber gibt, in welche Richtung eine Weiche gestellt werden soll, dann wird die Führungskraft gebraucht. Und: Führungskräfte müssen Kommunikation organisieren.
„Wenn man keine Idiotinnen und Idioten eingestellt hat, kann man getrost davon ausgehen, dass die Mitarbeitenden schon wissen, was zu tun ist. Es geht für eine Führungskraft also primär darum, die Handlungsfähigkeit der Mitarbeitenden herzustellen.“
Was verstehen Sie unter „Kommunikation organisieren“?
Ich verstehe darunter etwas, das ich selbst erlebt habe, als ich gemeinsam mit Helm Stierlin, Gunthard Weber und Gunther Schmidt in Heidelberg familientherapeutisch zusammengearbeitet habe. Diese Zeit war auch deshalb wichtig für uns, weil wir dort etwas gelernt haben, das, wie ich finde, in der Literatur viel zu wenig thematisiert wird, nämlich: Mehr-Hirn-Denken. Genauer gesagt: gemeinsam denken, sodass der Gedanke des einen zum Gedanken des nächsten führt usw. In unserem Forschungsprojekt mit Manisch-Depressiven und ihren Familien, war es so, dass jeder eine Idee ins Team geben konnte, die dann von einem anderen aufgenommen und in einer Weise fortgeführt wurde, die anders war, als wenn sie der ursprüngliche Ideengeber (bei dem sie am Schluss wieder landete) im Alleingang weiterentwickelt hätte. Das war ein extrem kreativer Prozess. Am Ende konnte dabei niemand mehr sagen, von wem das, was letztlich herauskam, stammte. Jeder gab alles, was er wusste und dachte, in den Prozess ein und zog hinterher mehr heraus, als er hineingegeben hatte. Es war fantastisch. Und dass es mehrere Jahre so lief, war nicht zuletzt Helm Stierlin zu verdanken, der uns zusammengebracht, uns ausgewählt hatte.
5. Aufl. Carl-Auer 2019, 34,90 Euro.
In diesem Buch macht Fritz B. Simon deutlich, warum ein Unternehmen nicht einfach nur so intelligent oder dumm ist wie seine einzelnen Mitglieder, sondern warum seine Intelligenz – oder Blödheit – davon abhängt, wie es seine Kommunikation organisiert. Zudem zeigt Simon in dem Buch, wie sich die Intelligenz einer Organisation klug für die Entscheidungsfindung nutzen lässt.
3. Aufl., Carl-Auer 2011, 34,90 Euro.
In einem Mix aus Theorie und Fallbeispielen veranschaulicht Herausgeber Fritz B. Simon, vor welchen speziellen emotionalen wie auch ökonomischen Herausforderungen Familienunternehmen bzw. Unternehmerfamilien stehen. Das Werk erläutert, nach welchen unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten Organisationen und Familien funktionieren und welche Risiken, aber auch Chancen entstehen, wenn sich diese Logiken im Familienunternehmen überschneiden.
Der Text aus der Serie „Lehren von Luhmann“ verdeutlicht, warum Vertrauen ein unverzichtbares Mittel der Komplexitätsreduktion in Unternehmen ist, allerdings auch Nebenwirkungen hat, die man kennen sollte.
Fritz B. Simon in Bild und Ton erleben? Das geht mit diesem Video-Clip, der Ausschnitte des hier abgedruckten Interviews zeigt.
Die Auszeichnung für sein Lebenswerk, den Life Achievement Award der Weiterbildungsbranche, erhält Fritz B. Simon bei den Petersberger Trainertagen, kurz: #PTT2025, die am 4. und 5. April 2025 auf dem Petersberg in Königswinter stattfinden. Das Gipfeltreffen der Weiterbildung steht diesmal unter dem Motto „Zukunft(Ver)trauen“. Weitere Infos unter managerseminare.de/veranstaltungen/petersberger-trainertage.
Was genau war Stierlins Verdienst?
Seine große Leistung bestand aus meiner Sicht darin, dass er eine kompensatorische Personalpolitik machte: Er suchte Personen aus, die etwas konnten, was er nicht konnte, und die einander ergänzten. Anders als viele andere Chefs suchte er keine Klone seiner selbst. Und ihm lag es fern, uns auf inhaltlicher Ebene hierarchisch und nicht auf Augenhöhe zu begegnen. Ohne ihn hätten wir niemals zusammengefunden. Denn wir waren ein Team von Menschen, die sich gegenseitig nicht ausgesucht hätten. Wir waren so verschieden, dass wir noch nicht einmal in den gleichen Kreisen verkehrten. Wir sind nur zusammengekommen, da Stierlin uns gerade deswegen in sein Team geholt hat, weil wir so unterschiedlich waren.
Und das ist der Punkt?
Das ist der Punkt: Führungskräfte müssen nichts selber entscheiden. Sie müssen aber dafür sorgen, dass eine Kommunikation entsteht, die zu sinnvollen, intelligenten Entscheidungen führt – und diese Entscheidungen müssen sie dann vertreten. Das heißt auch, Führungskräfte, die in einem Meeting, in dem es darum geht, Entscheidungen zu treffen, als Erste reden und ihre eigenen Ideen präsentieren, haben ihren Job verfehlt. Denn sie verhindern damit, dass andere auch noch etwas sagen. Die große Kunst einer Führungskraft besteht darin, Kommunikation herbeizuführen. Ganz einfach gesagt, heißt das in der Praxis: Eine Führungskraft sollte im Vorfeld eines Meetings gegebenenfalls die Auswahl treffen, wer für eine Entscheidung gebraucht wird und wer nicht. Also anders ausgedrückt, welche Aspekte in dem Meeting unbedingt beachtet werden müssen und welche ungestraft unberücksichtigt bleiben können. Welche Kompetenzen man an Bord haben muss und welche nicht. Das wäre es dann auch schon, darüber hinaus sollte eine Führungskraft nicht mehr tun, als zu sagen „Wir treffen uns am Dienstag um neun, alle müssen da sein“. In der Interaktionssituation selbst hat sie dann die Aufgabe, eine Kommunikation auf Augenhöhe zu ermöglichen, sich also, wie eben schon erwähnt, zurückzuhalten, die anderen reden zu lassen und ihren eigenen Senf erst am Schluss dazuzugeben. Die große Schwierigkeit ist ja: Hierarchen denken oft, sie müssten zeigen, dass sie schlauer als ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind. Doch damit verbauen sie die Chance, das Potenzial von Teamprozessen zu nutzen und zu Entscheidungen zu gelangen, die intelligenter sind, als jeder Einzelne sie hätte treffen können.
Damit sprechen Sie das Thema Macht an. Führungskräfte sind mächtig, werden aber meist schlecht auf dieses Thema vorbereitet. Wie können wir das ändern?
Ich denke, man muss ihnen vor allem verständlich machen, was ihr Job ist. Ihr Job ist es nicht, zu zeigen, dass sie den anderen in ihrem Team fachlich überlegen sind. Ihr Job ist es, Menschen so zusammenzubringen und einen Rahmen für sie zu gestalten, dass etwas entstehen kann, das über die Kompetenz des Einzelnen hinausgeht. Führungskräfte können natürlich definieren, dass dieser oder jener Inhalt wichtig ist, und Ziele setzen. Aber dann geht es nur noch darum, Kommunikation zu organisieren. Wie diese im Einzelnen abläuft, welche Ideen da eingespeist werden – das müssen Führungskräfte nicht kontrollieren. Sie müssen nur den kreativen Prozess organisieren. Dafür brauchen sie Macht, weil die Personen andernfalls nicht zusammenkommen würden. Zwar kann man als Mitarbeiter, wenn eine Führungskraft ein Treffen anberaumt, sagen, nein da kann ich nicht, da muss ich zum Zahnarzt. Aber man muss sein Nichterscheinen begründen. Dass es ohne eine solche Koordination durch eine Führungskraft schwierig wird, habe ich selbst damals erlebt, als zwei aus unserem Heidelberger Team ausgestiegen sind, um ihre eigene Praxis zu eröffnen. Als wir noch mal solch ein Forschungsprojekt mit einem neuen Thema starten wollten, haben wir uns genau einmal getroffen. Diejenigen, die nicht mehr in der Uni beschäftigt waren, hatten andere Prioritäten und Termine, sodass wir das nicht koordiniert bekamen.
„Wenn Führungskräfte ihre Macht inhaltlich verstehen, wenn sie meinen, sie sind fachlich die Besten, wird es schwierig. Denn dann ist eine Organisation der Intelligenz, aber auch den Irrtümern dieser Führungskräfte ausgeliefert.“
Also, führen heißt, andere und deren Aktionen zu koordinieren, um eine höchst unwahrscheinliche Kommunikation herbeizuführen. Denn es ist zunächst einmal unwahrscheinlich, dass zehn Leute mit unterschiedlichen Kompetenzen in einem Raum zusammenkommen und ihren Senf zu einer bestimmten Frage dazugeben. Diese Unwahrscheinlichkeit müssen Führungskräfte herbeiführen. Darin liegt ihre Macht. Wenn sie dagegen ihre Macht inhaltlich verstehen, wird's schwierig. Denn dann ist die Organisation der Intelligenz, aber auch den Irrtümern der Führungskraft – oder des Führungsteams – ausgeliefert.
Wie lernen Führungskräfte, diese Kommunikationsfunktion wahrzunehmen?
Der erste Schritt wäre, wirklich zu verstehen, dass man seine Autorität nicht verliert, wenn man den Mund hält und andere reden lässt. Das lernt man wahrscheinlich am ehesten durch Ausprobieren. Führungskräfte sind ja nicht blöd, sonst würden sie nicht auf der Position landen, in der sie sich befinden. Und bewusst zu versuchen, sich inhaltlich zurückzunehmen, ist ja keine Rocket Science, dafür braucht es nicht unbedingt Seminare. Aber natürlich ... ein Seminar zum Thema „Wie verhindere ich als Führungskraft, dass meine Mitarbeiter ihr Potenzial nutzen?“ könnte schon erhellend sein. Da würden sich einige wohl tatsächlich wiedererkennen und würden merken „Was ich bisher mache, ist nicht so schlau, wie ich meine“. Ich glaube, da gibt es noch viel Luft nach oben.
Der erste Teil des Interviews mit Fritz B. Simon zum Thema Systemisches Denken in Führung und Beratung erschien in der vorherigen Ausgabe 321.
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