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Übersicht AnsprechpartnerBeitrag von Claudia Thonet aus managerSeminare 327, Juni 2025
Projektifizierung: Warum die Projektarbeit in Organisationen boomt – und Probleme macht
Spannungsfeld eins: Wer bekommt die meiste Arbeitskraft – das Projekt oder die eigene Abteilung?
Spannungsfeld zwei: Wie klarkommen mit dem Wechsel zwischen hierarchischer und agiler Arbeitskultur?
Spannungsfeld drei: Was tun, wenn Abteilungs- und Projektinteressen gegeneinanderstehen?
Ein Scrum-Projekt bei einem Automobilhersteller. Es geht um die Entwicklung eines neuen Produkts, das in sechs Monaten auf den Markt kommen soll. In das Vorhaben sind zahlreiche Entwicklerinnen und Entwickler des Unternehmens involviert. Die Erwartungen an sie sind hoch. Schließlich hat das neue Produkt eine große strategische Bedeutung für den Konzern. Allerdings bleiben die Ergebnisse bald hinter den Erwartungen zurück. Die Qualität der Arbeit im Projektteam lässt zu wünschen übrig, Entscheidungen werden zu spät getroffen, der Produktstart droht sich zu verzögern. Dabei mangelt es dem Team weder an Kompetenzen noch an Motivation. Das Problem ist ein anderes: Die Entwicklerinnen und Entwickler sind gleichzeitig Teil eines klassisch hierarchisch geführten Linienteams im Unternehmen. Man erwartet von ihnen also, dass sie mit dem gleichen Elan auf zwei Hochzeiten tanzen.
Kein Einzelfall. Nach der 2023 veröffentlichten Studie „Projektifizierung 2.0“ der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) wurde 2022 etwas mehr als ein Drittel (34,5 Prozent) des gesamten Arbeitsvolumens hierzulande in Projekten geleistet. Anders ausgedrückt: Jede dritte Arbeitsstunde wird in Projekten verbracht. Was in der freien Wirtschaft schon länger Usus ist (die erste entsprechende Erhebung der GPM kam vor 10 Jahren zu einem ähnlichen Wert), greift zunehmend auch im öffentlichen Dienst um sich. Auch dort wird der Erhebung zufolge die Arbeit immer stärker in Projekte verlagert; seit 2017 ist ein Anstieg um 27 Prozent zu verzeichnen. Zwar geben diese Zahlen noch keine Auskunft darüber, in wie viele Projekte einzelne Mitarbeitende jeweils involviert sind. Doch ist davon auszugehen, dass das Multiprojekt-Engagement hoch ist. In der Untersuchung „Can I leave my hat on? A cross-level study of multiple team membership role separation“ von Hendrik J. van de Brake und Stefan Berger arbeiteten die befragten Multiteamer beispielsweise durchschnittlich in rund drei verschiedenen Teams mit. Und auch in meiner Beratungspraxis erlebe ich es sehr häufig, dass Mitarbeitende nicht nur in einem Projekt oder in ihrem festen Linienteam tätig sind, sondern sich gleich in mehrere Projekte einbringen sollen.
Ein Grund dafür dürfte die Komplexität der Herausforderungen sein, mit denen Organisationen konfrontiert sind: Es gibt immer mehr Problemstellungen, die eine crossfunktionale Zusammenarbeit erfordern, was über die Linienorganisation jedoch nicht abbildbar ist. Daher der Boom der Multi-Team-Mitgliedschaften, die allerdings – auch das erlebe ich häufig – ihrerseits eine Herausforderung für die Beteiligten sind. Denn sie verursachen zahlreiche Rollenkonflikte. Also Konflikte, die dann auftreten, wenn Menschen mit widersprüchlichen Erwartungen ihres sozialen Umfeldes konfrontiert sind. Oder vielmehr: wenn sie mit den widersprüchlichen Erwartungen verschiedener sozialer Umfelder konfrontiert sind, in denen sie sich bewegen. Rollenkonflikte äußern sich in der Projektzusammenarbeit vor allem in Form dreier Spannungsfelder, die die Produktivität der Teamarbeit herabsetzen können, zumindest dann, wenn sie nicht konstruktiv bearbeitet werden.
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