Wie würde sie aussehen, die Coachingbranche im deutschsprachigen Raum, wenn man per Satellitenaufsicht von Google-Earth an sie heranzoomt? Man sähe auf eine vitale, ständig wachsende, ja ausufernde Population. Auf dem platten Land würde der Satellit nur vereinzelte Punkte lokalisieren, in den Städten aber täten sich gehörige Coaching-Cluster auf. Bei näherem Hinsehen glichen diese Ballungsräume dicht bevölkerten, von regem Konkurrenzgerangel beherrschten Vogelkolonien.
Die Branche selbst spricht von 40.000 Coachinganbietern zwischen Klagenfurt, Zürich, Mönchengladbach, Hamburg, Berlin, Leipzig und München. Zusammen setzen sie laut Expertenschätzungen rund 300 Millionen Euro um. Vergleicht man diese Zahl mit dem Volumen verwandter Dienstleistungsbranchen – etwa der Beratungsbranche, die 2010 etwa 18 Milliarden Euro umgesetzt hat – nimmt sie sich zwar fast wie ein Mauerblümchen-Betrag aus. Doch der Vergleich ist natürlich nicht ganz fair. Die Unternehmensberatung blickt in Deutschland auf eine fast hundertjährige Geschichte zurück, die Berater agieren teils von großen Traditionsunternehmen aus. Die Coachingbranche ist dagegen jung, erst seit Ende der 80er Jahre verbreitet sich das Beratungsformat im deutschsprachigen Raum. Coaching-Companies gibt es (noch) nicht, die meisten Coachs sind Ein-Mann-Unternehmen.
Vor diesem Hintergrund sind die aktuellen Umsatzzahlen durchaus beachtlich. Zumal mit weiterem Wachstum zu rechnen ist. Nicht wenige Weiterbildungsexperten, die im Coaching das Weiterbildungsformat der Zukunft sehen. Der Boom ist jetzt schon da. Keine Frage. Die Frage ist, worauf er basiert, woraus er resultiert? Inwieweit ist er solide, inwieweit Hype? Oder, noch spitzer gefragt: Inwieweit handelt es sich bei dem kometenhaften Aufstieg des Formats um ein Coaching-Wunder und inwieweit um Coaching-Wahn?
Extras:- Warum Coaching boomt: Zehn Thesen
- Literaturtipp: Kurzrezension des neuen Buchs von Erik Lindner