Veränderung ist das Schlüsselwort dieses Buches. Wie Veränderungen in Systemen dokumentiert, verstanden und gestaltet werden können, wird in den 20 Beiträgen des Sammelbandes diskutiert. Vorab werfen einige Autoren einen kritischen Blick auf die Praxis der Veränderungsbegleitung. So formuliert etwa Professor Dr. Oswald Neuberger die provokante These, dass bei der systemischen Beratung meist gar nicht systemisch gearbeitet wird. Der Begriff 'systemisch' sei nur Marketing-Instrument der Berater, konstatiert der Psychologe. Frischen Wind in die Diskussion um systemische Beratungskonzepte bringen zudem die Diskussionsbeiträge von Vertretern naturwissenschaftlicher Disziplinen wie der Physik, der Chemie oder der synergetischen Neurowissenschaft. Deren Beiträge bewegen sich allerdings auf hohem wissenschaftlichen Niveau und sind eher für Theorie-Fans interessant.
Im zweiten Teil des Buches kommen bekannte Praktiker zu Wort. Roswita Königswieser etwa geht in zwei Beiträgen auf das Spannungsverhältnis von Fach- und Prozessberatung ein. Wie sie und ihre Mitarbeiter damit umgehen, erläutert sie anhand von Beratungsbeispielen aus dem Industrie- und dem Bankensektor.
Mehrere Praxisbeispiele der Beratungsarbeit gibt es zudem aus dem Bereich der Hochschulen. Dabei wird deutlich, dass Unis für Supervisoren und Coaches kein leichtes Pflaster sind. Profilierungsdruck, Einzelkämpfertum, Eitelkeit, Habitus und existenzielle Unsicherheit ('zwischen C4 und Hartz IV') erschweren Beratung dort erheblich. Wer trotzdem mit Wissenschaftlern arbeiten will, findet hier nützliche Hinweise.
TA-Fazit: Sowohl für Theoretiker als auch Praktiker der systemischen Beratung eine spannende Lektüre.
Hubert R. KuhnNino Tomaschek (Hrsg.): Perspektiven systemischer Entwicklung und
Beratung von Organisationen. 365 S., brosch., Carl-Auer, Heidelberg
2007, 29,95 Euro