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20 Jahre Personalberatertag

'Personalberater wird es immer geben'

Was die Personalberatungsbranche bewegt, diskutiert sie jährlich auf dem deutschen Personalberatertag. Anlässlich seines 20. Jahrestags blickt Regina Ruppert vom Kongressveranstalter, dem Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU), zurück und voraus: Wie lief die Jagd nach Köpfen vor 20 Jahren? Wie hat sie sich verändert und vor welchen Herausforderungen stehen Personalberater morgen?

managerSeminare: Am 8. Juni 1999 hat der deutsche Personalberatertag zum ersten Mal stattgefunden. Wie kam es zu der Idee für eine solche Veranstaltung?

Regina Ruppert: Der Grundgedanke war, Personalberater und HR-Manager mit- und untereinander zu vernetzen. Es gab damals für die Branche keine überregionale Networking-Plattform, aber ein sehr starkes Bedürfnis nach Austausch. So kam der BDU als Branchenvertreter auf die Idee, diesen Austausch im Rahmen eines Personalberatertages zu ermöglichen. Und das hat so gut funktioniert, dass wir den Kongress im jährlichen Turnus fortgeführt haben.

Was hat die Personalberatungsbranche in den vergangenen zwei Jahrzehnten am meisten bewegt?

Die stärkste Veränderung löste die New-Economy-Blase aus, in der Start­ups wie Pilze aus dem Boden schossen. Diese aufstrebenden Unternehmen suchten ganz andere Manager als die klassischen Betriebe, nämlich junge, dynamische, kosmopolitische Unternehmertypen, die bereit waren, die Firma möglichst in Kooperation mit amerikanischen Unternehmen voranzutreiben. Also mussten die Personalberater ihre Suchprofile ändern und anpassen. Erstmals rückten auch die IT-Fachkräfte in den Fokus, weil zu dieser Zeit extrem viele IT-Unternehmen entstanden. Dann gab es 2001 den Enron-Skandal, den bis dato größten Bilanzfälschungsskandal in den USA. Die Folge: neue Rechnungslegungsvorschriften – auch in Deutschland. Das führte dazu, dass für große Konzerne innerhalb des Finance/Accounting ganz neue Positionen geschaffen wurden, die es zu besetzen galt.

Wie sah die Arbeit von Personalberatern vor rund 20 Jahren aus?

Auf jeden Fall ganz anders als heute. Ich bin seit 23 Jahren als Personalberaterin tätig und kann mich noch sehr gut an meinen ersten Arbeitstag erinnern. Mein Blick fiel damals auf das Regal hinter meinem Schreibtisch, und ich dachte nur: Da stehen aber eine Menge Bücher. Viele davon waren Branchenverzeichnisse. Daneben gab es gedruckte Geschäftsberichte größerer Kapitalgesellschaften, in denen alle wichtigen Personen aufgeführt waren. Es gab Magazine wie den 'Sesselwechsler', in denen die Wechsel von Führungskräften zwischen verschiedenen Positionen oder Firmen dokumentiert wurden. Dann gab es das deutsche Markenhandbuch und den Hoppenstedt, eine Datenbank, die man auf seinen PC aufspielen konnte und die so ziemlich alle Unternehmen samt Ansprechpartnern alphabetisch sortiert nach Branchengröße abgebildet hat. Das war das A und O, um Talente zu finden. Und dann gab es natürlich noch Empfehlungen von persönlichen Kontakten.

Und wenn man einen passenden Kandidaten gefunden hatte ... wie ist man als Personalberater dann vorgegangen?

Das lief ähnlich ab wie heute auch noch. Man hat Messen und Kongresse besucht und geeignete Kandidaten dort direkt angesprochen. Oder man hat zum Telefonhörer gegriffen und den angegebenen Ansprechpartner des Unternehmens angerufen. Natürlich brauchte man dann eine gute Coverstory, um zu der Person durchgestellt zu werden, mit der man eigentlich sprechen wollte. Dabei galt es, innerhalb weniger Minuten die private Festnetznummer des Kandidaten und einen Termin für ein ausführliches Telefonat am Abend zu erhalten. Flatrates gab es damals noch nicht, und abends waren Telefongespräche günstiger. Telefonieren war zudem jedes Mal ein kleines Abenteuer. Personalberater haben sich mit dem Anrufen potenzieller Kandidaten anfangs nämlich noch im Graubereich der Zulässigkeit bewegt. Daher schwang dann immer so ein bisschen Nervenkitzel mit. Erst 2004 hat ein Urteil des Bundesgerichtshofs die Erstansprache am Arbeitsplatz für zulässig erklärt.

Das klingt, als sei Personalberatung heute easy-going...

Nein, im Gegenteil. Kandidatensuche und -ansprache sind zwar einfacher geworden, dafür ist die Arbeit der Personalberater aber auf andere Weise viel komplexer als früher. Wenn wir uns mal anschauen, was die deutsche Wirtschaft im Moment umtreibt, dann sind das Themen wie Industrie 4.0, Digitalisierung und Dauer-Change. Im Zuge dessen suchen Unternehmen Mitarbeiter mit ganz anderen Qualifikationen. Ich habe vor Kurzem einen Chief Digital Officer in einem großen Dienstleistungsunternehmen platziert. Die Herausforderung dabei war weniger die Suche nach einem geeigneten Kandidaten als die genaue Definition der Position. Was soll ein Chief Digital Officer überhaupt können? Viele Unternehmen wissen das selbst noch gar nicht so genau. Sie wissen nur: Sie müssen bei der Digitalisierung irgendwie mithalten und brauchen dafür spezielle Führungskräfte.

Was müssen diese Führungskräfte denn speziell mitbringen?

Sie benötigen ein digitales Mindset, das heißt, sie müssen Kommunikation auf Augenhöhe beherrschen, strategisch konzeptionell fit sein, mehr Erfahrung im Projektmanagement als in der Linienorganisation mitbringen, auch virtuell kommunizieren können und vor allem in der Lage sein, ihren Mitarbeitern zu vertrauen. Mitarbeiter wollen zunehmend autonom arbeiten und dafür ist Vertrauen unerlässlich.

Sind solche Führungskräfte schwer zu finden?

Sagen wir so: Es ist nicht ganz so einfach. Nicht nur die Unternehmen, auch die Kandidaten haben inzwischen andere Wertvorstellungen. Vor 15 Jahren waren Manager beispielsweise noch viel eher bereit, für einen deutlichen Gehaltssprung mit ihrer Familie von einem Ort in einen anderen zu ziehen. Heute wägen Kandidaten die Vor- und Nachteile eines Wohnortwechsels viel stärker ab und stellen sich Fragen wie: Müssen meine Kinder dann die Schule wechseln? Kann mein Partner zu seinem Job pendeln? Passt der Wechsel zu meiner Work-Life-Balance? Diese Aspekte werden mit der Familie besprochen, und dann wird meist eine Gemeinschaftsentscheidung gefällt. Das sind gesellschaftliche Veränderungen, die ähnliche Auswirkungen auf die Arbeit der Personalberater haben wie die digitale Transformation oder der Einsatz von Suchalgorithmen oder Künstlicher Intelligenz im Talentmanagement von Unternehmen.

Apropos Künstliche Intelligenz ... schauen wir fünf Jahre weiter: Werden Personalberater dann bereits durch Roboter abgelöst worden sein?

Ganz klar: Nein. Personalberater, die auf der Suche nach Executives sind, wird es immer geben. Vor allem hochqualifizierte Kandidaten, das erleben wir immer wieder, möchten persönlich angesprochen werden. Sie möchten, dass die Beratung authentisch, wertschätzend, partnerschaftlich und transparent erfolgt. Kandidaten sind ja heute durchaus in der Lage, sich selbst über Unternehmen zu informieren. Es geht demnach nicht um reine Fakten, sondern um ein Gespräch auf Augenhöhe, in dem ein realistisches Bild des Unternehmens und der Position gezeichnet wird. Und da können Roboter Menschen einfach nicht das Wasser reichen – auch nicht in fünf, zehn oder 15 Jahren. Herausfordernder wird es allerdings für solche Personaldienstleister, die sich ausschließlich auf Fachkräfte konzentrieren. Fachpositionen werden heute schon zunehmend durch Robot Recruiting and Active Sourcing von vielen Unternehmen selbst besetzt.

Dr. Regina Ruppert ist Vizepräsidentin des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater. Seit 23 Jahren arbeitet sie bereits als Personalberaterin. Kontakt: www.bdu.de
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