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Übersicht AnsprechpartnerBeitrag von Stefan Kaduk und Dirk Osmetz aus managerSeminare 279, Juni 2021
Mut-Show: Mythen für das Heroische
Problemlöser Mut: Angstlos mutig gibt's nicht
We're Oxford: Wider den Sog der Gleichförmigkeit
Stay tuned: Durchhalten der eigenen Ich-Identität
Verkehrte Welt: Hierarchie als Mut-Trigger
Ist es mutig, in der großen Runde dem Chef in Anwesenheit seiner Vorständin deutlich zu widersprechen? Lässt sich von Mut sprechen, wenn ein Teammitglied zum Abschluss des Outdoorseminars den Bungee-Sprung verweigert – oder eher dann, wenn nach langem Zögern unter Beifall des Teams doch noch der Sprung in die Tiefe gewagt wird? Zeugt es von Courage, wenn der Außendienst die Verpflichtung zum Reporting ignoriert und abwartet, ob überhaupt irgendjemand nach dem Bericht fragt – oder ist das eine dreiste, vielleicht sogar dumme Regelverletzung? Wie mutig ist eine Vertriebsexpertin, wenn sie auf die inakzeptablen Konditionen eines Handelspartners nicht eingeht und dadurch die Auslistung riskiert? Es lassen sich beliebig viele solcher Fragen formulieren, die alle mit dem für die Juristerei typischen Satz „Es kommt darauf an!“ beantwortet werden könnten.
Was also ist Mut? Und was bedeutet Mut im Managementkontext? Der Kulturwissenschaftler Klaus P. Hansen geht davon aus, dass Manager zusammen mit Spitzensportlern sowie Pop- und Medienstars die Trias der Helden unserer Zeit bilden. Bei seiner Analyse von Autobiografien erfolgreicher amerikanischer Industrieller zeigte sich, dass Entschlussfreudigkeit als eines der zentralen Elemente der Managermentalität aufscheint. Die auch heute noch gängige Formel „Lieber schnell und falsch entscheiden als gar nicht“ hat bereits Thomas Watson, den Gründer von IBM, bei seinem sicherlich erfolgreichen Handeln geleitet. Sie wurde in dem Buch seines Sohnes, das im Jahre 1990 erschien und die IBM-Firmengeschichte beschreibt, abermals aufgegriffen. Man gerät ins Staunen, dass der Mut zur schnellen und dadurch möglicherweise falschen Entscheidung offenbar mehr geschätzt wird als der zögerliche Versuch, richtig zu entscheiden – was immer denn „richtig“ heißen mag.
Hansen hat herausgefunden, dass Entschlussfreudigkeit ebenso wie die beiden anderen Grundpfeiler der Managermentalität – Führungsstärke und Intuition – im Wesentlichen permanent reproduzierte Kollektivmythen darstellen. Im betrieblichen Alltag spielen sie keine so große Rolle. Organisationen legen vielmehr Wert auf Routinen, standardisierte Arbeitsanweisungen und Ausweichpläne. Diese schwächen freilich die Fähigkeit, couragiert auf das Unerwartete zu reagieren. Selbst sogenannte HROs, High Reliability Organizations, also Organisationen, die vordergründig mit Mut assoziiert werden, wie etwa Flugzeugträger oder Feuerwehrspezialeinheiten, zeichnen sich im Kern nicht durch den Mut ihrer Mitarbeitenden aus. Letztlich hängt ihre Funktionsfähigkeit einerseits von Aufmerksamkeit, Sensibilität und Flexibilität ab. Andererseits sind diese Organisationen bestimmt von knallhartem Checklisten-Denken, von Routinen und vom Einüben abgesicherter Abläufe, die auf keinen Fall Mut erfordern. Denn es ist erst einmal für den Ernst der Situation alles geregelt. Rahmenbedingungen sind etabliert, die nicht das schnelle, draufgängerische Entscheiden in den Vordergrund stellen.
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