Wie wirkt sich technologischer Fortschritt auf die Qualität der Arbeit aus? Bedeuten Innovationen auch bessere Arbeit? Nicht zwingend, wie ein europäisches Forschungsprojekt des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen festgestellt hat. Gemeinsam mit sechs anderen Forscherteams hat das IAQ qualitative und quantitative Untersuchungen durchgeführt, um die wechselseitigen Beziehungen zwischen Innovationen, Beschäftigung und Arbeitsplatzqualität zu identifizieren.
Auf Basis des IAB-Betriebspanels, für das 16.000 Betriebe jährlich befragt werden, fanden die Forscher zunächst heraus: Innovative Betriebe haben sowohl ein höheres Beschäftigungswachstum als auch höhere Beschäftigungsstabilität. Dies gilt jedoch in erster Linie für qualifizierte Arbeitskräfte. Prozess- und Organisationsinnovationen – also beispielsweise die Einführung von Automatisierung oder von neuen Arbeitweisen bzw. Verantwortungs- und Entscheidungsstrukturen im Unternehmen – haben hingegen für gering qualifizierte Arbeitskräfte häufig negative Folgen. Ihre Jobs fallen durch diese Innovationen häufiger weg. Im Durchschnitt zeigt sich zwar, dass in innovativen Betrieben sicherere und besser bezahlte Beschäftigungsverhältnisse vorliegen als in weniger innovativen Unternehmen, gleichzeitig benötigen innovative Firmen allerdings auch häufiger befristete Arbeitskräfte und Minijobber. Innovationen haben also nicht nur positive Auswirkungen auf die Beschäftigungsverhältnisse.
Um neben den quantitativen Aussagen auch überprüfen zu können, inwiefern Arbeit in innovativen Unternehmen 'besser' ist – also abwechslungsreich, gut entlohnt, mit begrenzten Arbeitszeiten usw. –, haben die Forscher in einer qualitativen Studie Unternehmen der Handelslogistik – mit eher gering qualifizierten Arbeitskräften – und der Computerspielbranche – mit hoch qualifizierten Arbeitnehmern – verglichen. Zentrales Ergebnis: Innovationen bedeuten nicht unbedingt bessere Arbeit.
Einerseits werden in Branchen mit niedrigen Qualifikationsansprüchen durch neue Technologien einfache Routine-Tätigkeiten noch stärker zerlegt und abgewertet. Zudem wird das Arbeitstempo verstärkt durch automatisierte Produktionsabschnitte bestimmt. Es kommt also zu einem sogenannten Downgrading – die Anforderungen an Wissen und Kompetenzen der Mitarbeiter verringern sich. Andererseits erzeugt die Digitalisierung auch in Branchen mit hoch qualifizierten Mitarbeitern nicht nur positive Entwicklungen: 'Auch kreative Tätigkeiten mit steigenden Qualifikationsanforderungen sind kein Garant für ‚gute Arbeit’, etwa in der Computerspielbranche, wenn die Entlohnung gering, die Arbeitszeiten lang und die Beschäftigung unsicher sind', erläutert Projektleiterin Karen Jaehrling von der Universität Duisburg-Essen.
Die Studienautoren fordern daher eine aktive Gestaltung der Arbeitswelt von morgen – inklusive einer innovativen Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftspolitik. Denn 'gerade in Wirtschaftsbereichen jenseits der traditionellen Kernbranchen fehlt es vielfach an Rahmenbedingungen und durchsetzungsfähigen Akteuren. Sie könnten die Impulse, die von Arbeitskräftemangel und demografischem Wandel ausgehen, in verbesserte Arbeitsqualität ummünzen', erklärt Jaehrling.
Der IAQ-Report kann unter
www.bit.ly/2J2WDqH heruntergeladen werden.