Tutorial
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Führen im Shared-Leadership-Kontext

Im System verteilter Führung kann prinzipiell jeder in Führung gehen und andere führen, sofern diese bereit sind, der Person zu folgen. Doch wann und wie muss sich Führung im Fluss der Zusammenarbeit in einem solchen Kontext artikulieren? Vor allem fünf Kristallisationspunkte sind relevant.

1. Führung übernehmen und abgeben

Wenn ein Problem unsere Routinen stört, verlangt dies nach koordinierter Aktion und Führung. In Systemen des wechselseitigen Führens und Folgens sind an diesem Punkt alle aufgefordert, sich als Leader anzubieten, die für die Bewältigung der Herausforderung das nötige Rüstzeug mitbringen. Zu den Maßnahmen, die angehende Leader im Moment des In-Führung-Gehens ergreifen müssen, zählen mindestens diese: 1. Klar das Problem, den eigenen Lösungsvorschlag und die dafür nötige Gruppenanstrengung skizzieren. 2. Sich als die Person anbieten, die vorangeht, Verantwortung übernimmt und den Zusammenhalt und die Zusammenarbeit der Gruppe sicherstellt. 3. Klarmachen, was Follower vom Leader erwarten dürfen. Das logische Gegenstück zum In-Führung-Gehen ist das Zurücktreten, wenn die Führungsnotwendigkeit beendet ist oder die Führung an andere weitergegeben wird. Dieser Schritt sollte ebenso deutlich markiert werden wie die Formulierung des Führungsanspruchs, z.B. so: „Wir kommen jetzt an einen Punkt, an dem ich wirklich nicht mehr die nötige Erfahrung mitbringe, um hier weiter die Leitung zu übernehmen. Ich denke, Reiner oder Svetlana wären viel besser geeignet, um XY zu tun. Ich unterstütze gerne, wo immer ihr mich braucht. Hat jemand Einwände oder andere Vorschläge? Und wäre jemand von euch beiden oder eine Dritte dazu bereit?“

2. Andere einbinden

Da im Shared-Leadership-Modell die Möglichkeiten via Anweisung und Kontrolle zu führen, begrenzt sind, gilt es, andere für seine Sache zu gewinnen und im Prozess bei der Stange zu halten. Je nach Phase der Zusammenarbeit erfordert diese Einbindung unterschiedliche Kompetenzen, Methoden und Instrumente. Wichtig ist auf jeden Fall, dass die Person, die sich den Leadership-Hut aufsetzt, fest davon überzeugt ist, dass man nur gemeinsam zu Ergebnissen kommt, dass andere prinzipiell wichtige Beiträge leisten können und dass es Situationen geben wird, die es nötig machen, dass andere als man selbst die Führung übernehmen. Weiterhin sind Fähigkeiten wie klar zu argumentieren, sich in andere hineinzuversetzen, sie für eine gemeinsame Sache zu begeistern und ein gemeinsames Ziel, einen Purpose zu vermitteln, unabdingbar.

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3. Konflikte lösen

Gerade in Sachen Konfliktbewältigung zeigt sich, ob der informell und situativ eingesetzte Leader seinem Führungsanspruch gerecht wird. Zudem darf Konfliktlösung in reifen Gruppen, die auf Augenhöhe zusammenarbeiten, nicht als alleinige Aufgabe der informellen Leader gesehen werden. Das Aufsatteln von Konfliktlösungskompetenzen gehört somit zu den essenziellen Lernaufgaben von Shared Leadership Teams.

4. Entscheidungen herbeiführen

Entscheidungen zu treffen, ist eine zentrale Führungsaufgabe – auch im Shared-Leadership-Kontext. Ergo müssen die Mitglieder solcher Teams wissen, wie man analytisch sauber Entscheidungen herbeiführt. Denn: Egal, wer von ihnen gerade eine Führungsrolle übernommen hat: Alle müssen darauf vertrauen können, dass die Person rational entscheiden kann. Dies bedeutet allerdings nicht, dass immer nur die Personen entscheiden sollten, die gerade führen. Wichtig ist, dass das Team Regeln darüber vereinbart, wer wann was in welcher Konstellation entscheiden darf (allein, nach Beratung durch die Gruppe, nur gemeinsam mit der Gruppe etc.).

5. Verantwortung übernehmen

In einem System wechselnden Folgens und Führens ist es wichtig, dass jene, die die Weichen in die eine oder andere Richtung stellen, deutlich machen (und auch dazu stehen), dass sie die Verantwortung dafür übernehmen. Und zwar auch dann, wenn sich die Folgen ihres Handelns erst zeigen, wenn schon der nächste den Staffelstab der Führung innehat. Damit aber niemandem Verantwortung für etwas aufgedrückt wird, das er oder sie nicht mittragen wollte, gibt es Möglichkeiten wie das Konsent-Prinzip des Gruppenentscheids: Legt jemand ein Veto ein, sagt die Person damit, dass sie die Verantwortung keinesfalls tragen kann. Sie muss damit verbunden aber einen Gegenvorschlag machen, unter dem sie bereit wäre, die Verantwortung mitzutragen. Ist es ihr das nicht wert, trägt sie die Verantwortung mit.

Quelle: managerseminare.de; Randolf Jessl und Thomas Wilhelm: Shared Leadership. Zu mehr Engagement und besseren Ergebnissen dank geteilter Führung, Haufe 2023.

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