Management-MOOC in der Rückschau

Führung 2.0 ist mehr als Technik

Er schimpfte sich „der große deutsche Management 2.0 MOOC“. Und tatsächlich machte die im Herbst 2013 durchgeführte Onlineveranstaltung ihrem Namen alle Ehre: Über 1.000 Teilnehmer diskutierten über Themen wie Führung 2.0 und Projektmanagement 2.0. managerSeminare sprach mit dem Initiator des MOOCs, Cogneon-Geschäftsführer Simon Dückert, über seine Erfahrungen. Wie kamen Sie auf die Idee, einen MOOC zum Thema Management 2.0 zu machen?

Dückert: Ein Teil der Inspiration kam vom Managementvordenker Gary Hamel. Auf dessen Plattform Management Innovation eXchange gab es vor einiger Zeit einen Management-2.0-Hackathon: Viele User trugen in einem mehrmonatigen Prozess zusammen, welche Faktoren das Management 2.0 prägen sollten. Darunter waren Punkte wie Offenheit, Transparenz und Partizipation. Hamel ließ aber die Implikationen für konkrete Themen im Unternehmen offen, also: Was bedeutet Management 2.0 für die Kommunikation, für die Führung, für die HR-Arbeit, für das Projektmanagement usw.? Dem wollten wir nachgehen.

Und warum per MOOC?

Das liegt daran, dass uns in einem Benchlearning-Projekt im Jahr 2012 viele Firmen gesagt haben, sie würden Social-Intranet-Formate noch nicht für Weiterbildungszwecke nutzen, wären aber interessiert daran. Wir haben dann eine Umfrage gemacht, in der sich MOOCs als eine der drei attraktivsten Lernformen herauskristallisiert haben. So kam es zur Idee, einen Mooc zum Thema Management 2.0 auf die Beine zu stellen.

Und die Idee hat gezogen?

Wir hatten jedenfalls über 1.000 eingeschriebene Teilnehmer. Diese haben um die 1.300 Posts und einige tausend Tweets auf Twitter verfasst. Außerdem hat sich – selbstorganisiert – eine eigene Community auf Google plus gegründet. Und einige Teilnehmer haben gut 100 bis 150 Blogeinträge zu den Themen des MOOCs verfasst. Es gab, wie von uns angeregt, regionale Lerngruppen in Städten wie Frankfurt, Nürnberg, Stuttgart und Kassel. Und in vielen Unternehmen, die sich am MOOC beteiligt haben, haben sich Projektgruppen gebildet, die nun, im Anschluss an den MOOC, konkrete Veränderungen bei sich in der Firma anstoßen wollen.

Haben Sie mit so einer hohen Beteiligung gerechnet?

Wir waren tatsächlich positiv überrascht, dass sich viele so stark eingebracht haben. Beeindruckend war auch die Qualität der Posts auf der Plattform Xing, über die der MOOC organisiert war. Das waren nicht nur Drei- oder Vierzeiler. Da steckte oft unheimlich viel Substanz hinter. Den Beiträgen war anzumerken, dass sich die Verfasser intensiv mit den Themen auseinandergesetzt haben.

Wie ist der MOOC abgelaufen?

Er dauerte acht Wochen. Mit einer Einführungs-, einer Abschluss- und sechs Themenwochen – etwa zu Projektmanagement 2.0, Lernen 2.0, Kommunikation 2.0, und Führung 2.0. Jede Themenwoche hatte dieselbe Struktur. Zunächst schrieben drei Experten zum jeweiligen Thema ein Positionspapier zum Status quo des Themas und wohin es sich in Zukunft entwickeln muss. Diese Papiere wurden montags mit dem Gruppen-Newsletter an alle Teilnehmer geschickt, die dann auf Xing und über Twitter darüber diskutieren konnten. Donnerstags haben wir die Diskussion ausgewertet und freitags gab es zu den spannendsten Fragenkomplexen eine moderierte Live-Video-Debatte mit drei Experten für das Thema.

Was ist bei dem MOOC an Erkenntnissen zum Thema Management 2.0 herausgekommen?

Interessant war für uns – vor allem nach den Kommentaren der ersten beiden Wochen zu urteilen –, dass viele beim Thema Management 2.0 vor allem an Tools und Technik dachten. Projektmanagement 2.0 bedeutete für viele erst mal: Projekte mit sozialer Medienunterstützung. Führung 2.0 hieß: Führung unter Nutzung sozialer Medien – oder auch: Führung der Generation Y. Mit dem MOOC wurde das Bewusstsein dafür gestärkt, dass es für Projektmanagement 2.0 oder Führung 2.0 vor allem eine neue Geisteshaltung braucht, die mit Werten wie Offenheit, Experimentierfreudigkeit, Agilität und Gemeinschaft einhergeht. Wir haben uns dann auch etwas Praktisches überlegt, um dieser Haltung auf die Sprünge zu helfen: Wir haben in jeder Themenwoche einen Tipp-Zettel mit Methoden und Werkzeugen erstellt, die bei Experimenten mit 2.0-Ansätzen helfen können. So sind letztlich insgesamt über 140 Instrumente zusammengekommen, die wir im Nachgang zu einem Managment-2.0-Toolkit zusammenfassen wollen. Darunter finden sich z.B. Ideen, wie man als Führungskraft mehr Transparenz in seine Arbeit bringen kann. Etwa, indem man seine Gedanken zur Strategie per Weblog postet und dazu Feedback von den Mitarbeitern einfordert.

Gab es auch enttäuschende MOOC-Erfahrungen?

Leider haben sich zwei Teilnehmergruppen gebildet, die sich während der gesamten Laufzeit nicht durchmischt haben. Auf der einen Seite Führungskräfte und Mitarbeiter aus Unternehmen. Und auf der anderen Seite die Mitglieder der Xing- und Twitter-Community. In den Unternehmen diskutierte man beispielsweise nach der Liveübetragung am Freitag oft noch intern weiter. Man beteiligte sich aber deutlich weniger an der öffentlichen Debatte auf Xing und Twitter. Das hätten wir uns anders gewünscht. Weil gerade aus den großen Unternehmen, die sich oft intensiv mit Management-2.0-Themen beschäftigen, auch für kleinere Firmen gute Impulse kommen können.

Wie erklären Sie sich die Zweiteilung?

Ein Faktor war sicher das Zeitproblem. Wer schon firmenintern intensiv diskutiert hat, hat oft wenig Lust, sich auch noch in die öffentliche Debatte einzubringen. Als Organisator könnte man der Beteiligung und Vernetzung aber wahrscheinlich Vorschub leisten, wenn man systematisch Buch führen würde über Lerngruppen, die sich bilden, und diese auch ab und zu auffordern würde, sich zu beteiligen, nach dem Motto: „Schickt mal einen Zehnzeiler, was sich bei euch so ergeben hat.“

Gab es sonst noch Lessons Learned für Sie?

Ja. Vor allem, dass Xing nicht die optimale Plattform für einen MOOC ist, weil Xing komplett entlang so genannter Aktivitätenströme organisiert ist: Wenn man dort auf die Startseite geht, sieht man immer die letzte Aktivität, also den letzten Post oder Kommentar. Bei einem Kurs ist aber natürlich etwas mehr Struktur hilfreich – Struktur im Sinne von: In welcher Woche sind wir gerade? Was ist schon gelaufen? Was erwartet uns noch? Was sind Materialen der vergangenen Woche? Man braucht einen Ort, an dem die Kurstruktur strukturiert dargestellt ist. Das hat uns vor allem das Feedback von später hinzugestoßenen Einsteigern gezeigt, die es schwierig fanden, sich im MOOC zurechtzufinden.

Wie geht es nun weiter? Planen Sie eine Fortsetzung?

Das nicht, aber wir wollen uns stärker damit befassen, wie man den Erfolg eines MOOCs evaluieren kann. Wir haben zu diesem Zweck einen Call for Cases gestartet. Das heißt: Wer auf Basis des MOOC in seiner Organisation angefangen hat, Veränderungen anzustoßen, soll uns das als Fallbeispiel einreichen. Die Einreichungen wollen wir von den Experten und MOOC-Teilnehmern bewerten lassen. Und die besten Fallbeispiele werden ausgezeichnet.

Foto: Simon Dückert

23.12.2013
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