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Rezension: Coaching - Ein Kursbuch für die psychodynamische Beratung

Der psychoanalytischen Orientierung im Coaching nehmen sich Beate West-Leuer und Claudia Sies in ihrem 'Kursbuch für die psychodynamische Beratung' an. Im Zentrum steht die Beziehungsgestaltung zwischen den Menschen einer Organisation, also zwischen Mitarbeitern, Vorgesetzten und Kunden. Das heißt, es geht vor allem um Konflikte und damit verbundene Wünsche, Ängste und Schutzmechanismen.

Grundlage für die insgesamt 15 Aufsätze der tiefenpsychologisch geschulten Autoren sind zwei Thesen: Erstere besagt, dass heutzutage zwar Eigenständigkeit von Führungskräften und Mitarbeitern gefordert ist, die Führungskräfte und Mitarbeiter aber einer Generation angehören, die diesbezüglich widersprüchliche Erfahrungen gemacht haben. Die Führungskräfte von heute wurden in der Vergangenheit nämlich vor allem für Anpassung belohnt. Selbst zu denken, Verantwortung und Risiko zu übernehmen haben nur wenige in Familie, Schule und Ausbildung gelernt. Der Lektüre zufolge stellen diese Fähigkeiten daher eine starke seelische Anforderung dar.
Die zweite These besagt, dass ein lebendes System nicht von außen zur Informationsaufnahme gezwungen werden kann. Psychodynamisches Coaching könne somit nicht den Anspruch erheben, ein 'objektiv' vorhandenes Problem auf die einzig mögliche Art zu lösen. Ergo sei es nicht das Ziel der Beratung, den Klienten von der 'falschen' zur 'richtigen' Arbeitsweise zu führen. Die Idee des psychodynamischen Coachings: Führungskräfte sollen lernen, sich selbst zu führen, um ihre Mitarbeiter führen zu können. Dies meint insbesondere, rollengemäß mit der eigenen Gefühlswelt umzugehen, z.B. Kritik rechtzeitig und so zu äußern, dass Mitarbeiter darauf konstruktiv reagieren können. Der Coach wie-derum unterstützt dies mit selektiv authentischem Verhalten. Soll heißen: Er kann die Führungskraft durchaus deutlich damit konfrontieren, welche Wirkung ihr Verhalten auf ihn hat. Damit dies allerdings als Beziehungsangebot und nicht als Bewertung empfunden werden kann, muss der Coach seine eigene innere Welt gut kennen und ausreichend frei von eigenen Bindungen handeln können.

Im psychodynamischen Coaching ist es den Autoren zufolge äußerst wichtig, die emotionalen Hemmungen und Verzerrungen des Klienten zu erkennen und schrittweise zu lösen. Der Coach hilft, problematische Situationen umfassender zu verstehen, alternative Verhaltensweisen in Erwägung zu ziehen und innere Hindernisse auf ihren Realitätsgehalt zu prüfen. Gemeinsam werden verborgene, unbewusste, meist aus der Lebenserfahrung begründete Motivationen untersucht. Vorhandene Beziehungsmuster sollen beibehalten werden, auch wenn sie unbefriedigend sind.

Fazit: Das Buch vermittelt konzeptionelle Grundlagen psychodynamischen Coachings und zeigt anhand vieler Beispiele, wie psychoanalytisches Denken umgesetzt werden kann.

Von Beate West-Leuer und Claudia Sies, 263 S., brosch., Pfeiffer Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-608-89725-9, 22,50 Euro.
Autor(en): (Hubert R. Kuhn)
Quelle: Training aktuell 04/04, April 2004
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