Führung meets Coaching
Führung meets Coaching

Die dreifache Umkehr

Wie wir anderen helfen können, über den Tellerrand eigener Erwartungen zu schauen und Stressgedanken loszulassen, erläutert Martin Wehrle aus Coachingperspektive.

„Er muss mich besser unterstützen!“, „Sie sollte mir besser zuhören.“, „Er darf mich nicht länger überfordern.“ Das sind Aussagen, wie man sie in einer Führungsrolle häufiger hört – und die einen leicht ins Schwimmen bringen können. Wie damit umgehen? Die amerikanische Beraterin Byron Katie, berühmt geworden durch ihre Methode „The Work“, empfiehlt die Umkehr der Aussagen: Was passiert, wenn der Gesprächspartner oder die Gesprächspartnerin die eigene Aussage nicht auf die andere Person, sondern auf sich selbst bezieht? Was passiert, wenn die Aussage in ihr Gegenteil verdreht wird?

Wir alle sehen die Welt aus einem subjektiven Blickwinkel, dabei übersehen wir andere Perspektiven. Dass wir uns richtig verhalten, und der oder die andere falsch, davon gehen wir in der Regel aus – und der oder die andere natürlich genauso. Katies Umkehr-Methode, die vor allem im Coaching eingesetzt wird, hilft, diese „festgelegte“ Perspektive aufzubrechen und über sie hinauszudenken: Was ist, wenn es sich doch umgekehrt verhält? Egal, wie die Antwort ausfällt: Wenn von beiden Seiten aus gedacht wird, steht am Ende immer eine differenziertere Einschätzung.

Die Methode sieht drei Umkehr-Stufen vor. In einfachster Form und exemplarisch anhand der Aussage „Sie sollte mir besser zuhören“ durchdekliniert, lauten diese so: „Ich muss mir besser zuhören“ (Umkehr eins), „Ich muss ihr besser zuhören“ (Umkehr zwei) und „Sie muss mir nicht besser zuhören“ (Umkehr drei). Im Führungsalltag kann die Anwendung dieser drei Stufen zum Beispiel so aussehen. Sagt eine Mitarbeiterin „Er muss mich besser unterstützen“, ließe sich daraus als erste Umkehr-Frage ableiten: „Inwieweit kann es sein, dass du dich selbst besser unterstützen musst?“ Dieser Denkansatz ist spannend, denn Menschen neigen dazu, ihre eigenen Bedürfnisse auf andere zu projizieren. Wenn die Mitarbeiterin ehrlich auf die Frage antwortet, kommt vielleicht heraus, dass sie sich selbst überfordert und einen Gang zurückschalten sollte. Vielleicht tut der Kollege aus Selbstschutz gut daran, dieses hohe Tempo nicht mitzugehen.

Die zweite Umkehr könnte in diesem Fall lauten: „Inwieweit kann es sein, dass du XY besser unterstützen musst?“ Dieser Perspektivenwechsel ist deshalb interessant, weil Menschen oft voneinander genau das Gleiche erwarten, nur geht niemand den ersten Schritt. Und der beste Weg, von einem anderen Menschen etwas zu bekommen, besteht darin, mit derselben Währung in Vorleistung zu gehen.

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Eine mögliche Variante der letzten Stufe der Umkehrung, der der Verneinung, im Beispielfall: „Inwieweit kann es sein, dass er dich nicht unterstützen muss?“ Gut möglich, dass die Mitarbeiterin erkennt, dass sie diese Unterstützung zwar erbitten, aber nicht einfordern kann. XY muss sie also nicht unterstützen, niemand zwingt ihn dazu. Mental macht das einen Riesenunterschied: Wer davon ausgeht, eine andere Person müsse etwas, aber tut es nicht, fühlt sich von ihr betrogen. Das erzeugt Stress. Wer aber einen Wunsch an eine andere Person hat, dem ist klar, dass dieser Wunsch abgewiesen werden kann. Die Erwartungen sind deutlich geringer und damit realistischer.

Mit Umkehr-Fragen können wir dazu beitragen, dass Menschen über den Tellerrand schauen, Stressgedanken loslassen und den Teufelskreis eines Konflikts durchbrechen. Der neue Blickwinkel, der so gewonnen werden kann, zieht eine neue und entspanntere Realität nach sich.

Der Autor: Martin Wehrle ist Karrierecoach und Coachausbilder mit eigener Akademie in Hamburg. Sein aktuelles Fachbuch heißt „Die 50 kreativsten Coaching-Ideen“. Kontakt:karriereberater-akademie.de

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