Führung meets Coaching
Führung meets Coaching

Die Entscheidungs-Waage

Martin Wehrle stellt eine Methode vor, mit der Führungskräfte ihren Teammitgliedern helfen können, sich zwischen zwei Optionen zu entscheiden.

Eine Mitarbeiterin ist unsicher, ob sie ein wichtiges Kundenmeeting digital einberufen oder vor Ort ansetzen soll. Sie überlegt schon seit Wochen, aber kommt zu keiner Entscheidung. Dabei wäre der Termin wichtig. Wann immer eine Führungskraft beobachtet, dass sich jemand aus ihrem Team schwer mit einer Entscheidung tut, kann sie helfen. Damit ist nicht gemeint, die Entscheidung selber zu fällen. Denn wer als Führungskraft pausenlos Verantwortung übernimmt, nimmt sie anderen pausenlos weg. Das schwächt ein Team. Hinzu kommt, dass tägliche Entscheidungen erfahrungsgemäß umso praxisferner ausfallen, je weiter oben in der Hierarchie sie gefällt werden. Wenn die Basis selbst entscheidet, ist das die beste Grundlage für Erfolg.

Aber was, wenn ein Teammitglied direkt fragt, die Mitarbeiterin im Beispiel etwa sagt: „Digital oder vor Ort – ich bin einfach unschlüssig. Was ist besser?“ Mit einer Methode aus dem Coaching kann Hilfe zur Selbsthilfe geleistet werden, mit der sogenannten Entscheidungs-Waage. Wie der Name schon sagt, wird das Gegenüber dabei gebeten, die Vorteile verschiedener Optionen gegeneinander abzuwiegen – und zwar sinnbildlich, auf einer fiktiven Waage. Im geschilderten Fall könnte das so aussehen: „Dann erzähl doch mal: Welches Argument spricht am meisten für ein digitales Meeting?“ Und wenn die Mitarbeiterin das genannt hat, fragt die Führungskraft: „Und welches ist der stärkste Grund für ein Meeting vor Ort?“

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Sobald die Argumente im Raum stehen, führt die Führungskraft die Waage ein: „Mal angenommen, hier würde eine Waage im Raum stehen, mit zwei Schalen.“ Dabei deutet sie auf den Tisch und zeigt durch Gestik zudem an, wo sich die beiden Schalen befinden. „Leg doch bitte einmal auf die eine Seite dein Argument für das Online-Meeting, nämlich …“ Dabei tut sie so, als ob sie selbst etwas in die eine Schale legen würde. „Und auf die andere Seite bitte dein Hauptargument für das Präsenz-Meeting, nämlich …“ Wobei sie sich nun zur anderen Seite neigt. „Was glaubst du, ganz spontan, wiegt schwerer? Zu welcher Seite wird die Waage kippen?“

Es ist verblüffend, wie oft allein diese Vorstellung für mehr Klarheit sorgt. In fünf von zehn Fällen reicht bereits das Abwiegen der jeweils stärksten Argumente, um eine klare Tendenz für die Entscheidung sichtbar zu machen. Falls nicht, lässt sich das Spiel mit dem jeweils zweitbesten, drittbesten und so weiter Argument wiederholen. Die Methode ist aus drei Gründen so wirksam: Erstens macht sie einen abstrakten Abwägungsprozess anschaulich – das hilft sehr beim Entscheiden. Zweitens stellt sie die jeweiligen Argumente direkt gegenüber – das erhöht die Vergleichbarkeit. Und drittens führt die Waage zu mehr Präzision in der Abwägung – selten nur passiert es, dass jemand am Ende ein exaktes Gleichgewicht sieht. Falls doch, helfen zirkuläre Fragen wie: „Welche Person versteht neben dir am meisten von dieser Sache? Und wie würde sie den Stand der Waage wohl sehen?“ Wer sich in eine andere Person versetzt, sieht eine Angelegenheit oft klarer – und die Entscheidungs-Waage kippt doch noch zu einer Seite.

Der Autor: Martin Wehrle ist Karrierecoach und Coachausbilder mit eigener Akademie in Hamburg. Sein aktuelles Fachbuch heißt „Die Coaching-Schatzkiste“. Kontakt: www.karriereberater-akademie.de

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