Reflexion

Denkimpuls
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Die Bedeutung von Bedeutung

Bedeutsam zu sein, sprich: die richtige Balance zwischen Selbstüberschätzung und Selbstzweifeln zu finden, ist gar nicht so leicht – aber durchaus lohnenswert. Warum das so ist und wie Weiterbildungsprofis und Klientinnen und Klienten ins Gleichgewicht kommen, erklärt Coach und Supervisor Horst Lempart.

Für andere bedeutend zu sein, ist eines der menschlichen Gründbedürfnisse. Wir wollen gesehen, gehört und im Idealfall auch verstanden werden. Bedeutung speist die narzisstische Grundausstattung. Das Gefühl, für andere wichtig zu sein, einen Beitrag leisten zu können, wird als zutiefst befriedigend erlebt. Es ist ein Fall für das neurologische Aktivierungszentrum, das im limbischen System liegt. Hier wird geprüft, ob uns etwas Lust oder Unlust, Freude oder Leid beschert. Unmittelbar damit verbunden ist das Belohnungszentrum: Erlebe ich mich als bedeutungsvoll, wird körpereigenes Dopamin ausgeschüttet. Ich empfinde Lust und fühle mich gut. Einfach ausgedrückt: Die Autosuggestion „Ich bin wichtig!“ ist Selbst-Doping. Bis zu einem gewissen Maß ist sie hervorragend für unseren Selbstwert und unser psychisches Immunsystem geeignet.

Doch wie so oft macht die Dosis die Wirkung. Zu viel davon kann in Selbstüberschätzung kippen. Die Welt strotzt vor tollen Hechten und Überfliegern – wie jeder Weiterbildungsprofi sicherlich schon einmal feststellen durfte. Gelegentlich die eigene Wichtigkeit infrage zu stellen, kann daher sehr hilfreich sein – für uns und andere: Wir können dadurch Leistungsdruck abbauen und anderen die Chance geben, Verantwortung zu übernehmen. Wir lernen, zu delegieren, Grenzen zu ziehen, Erwartungen zu klären und narzisstische Bedürfnisse zu hinterfragen.

In den meisten Fällen wirkt es sich nicht negativ aus, wenn wir uns selbst weniger wichtig nehmen – im Gegenteil: Wir können dadurch Leistungsdruck abbauen und anderen die Chance geben, Verantwortung zu übernehmen.

Die richtige Bedeutungs-Balance finden

Doch Vorsicht! Wer die eigene Wichtigkeit zu sehr hinterfragt und dabei zu wenig Selbst-Doping betreibt, kann schnell von Selbstzweifeln heimgesucht werden, die schließlich in die eigene Bedeutungslosigkeit führen. Irgendwann erkennt das Umfeld, dass Äußerungen wie „Ich mache mit, was DU willst“, „Ist mir egal“ oder „Ich weiß auch nicht“ zum Repertoire gehören. Die Lust, sich darauf einzulassen, schwindet – mit fatalen Folgen: Denn besonders in Zeiten „sozialer Armut“ können solche Selbstzweifel zu ernsthaften psychischen Problemen führen. Das Gefühl der Bedeutungslosigkeit folgt nämlich dem gleichen Mechanismus wie die Selbstwerterhöhung. Mit dem Unterschied, dass die daraus resultierenden biochemischen Reaktionen in unserem Schmerzzentrum stattfinden.

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Was können wir als Weiterbildungsprofis tun? Sich selbst als die wichtigste Person im Leben anzuerkennen und dabei nicht die Bodenhaftung zu verlieren, ist eine Daueraufgabe – für Coachs wie Klientinnen und Klienten. Es bedeutet: Zutrauen wecken und ermutigen, für andere wahrnehmbar(er) zu werden sowie auch mal ungefragt Antworten zu geben. Das kostet vielleicht anfangs ein bisschen Überwindung, steigert aber das Selbstbewusstsein.

Der Autor: Horst Lempart ist Coach, Supervisor und Speaker. Er hilft seinen Coachees dabei, die eigenen Überzeugungen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und sich so aus festgefahrenen Situationen zu befreien. Er führt eine eigene Praxis in Koblenz und hat zahlreiche Fachartikel und Bücher rund um Coaching veröffentlicht. Kontakt: horstlempart.de

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