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Trendanalyse: 'Weiche' Themen legen zu - Wissen braucht Vision

Welche Schlüsselthemen bestimmen das Geschehen auf dem Weiterbildungsmarkt? - In unserer im Juli 1997 durchgeführten Trendanalyse (vgl. auch TA 1/98, S. 4/5) fragten wir Seminaranbieter nach ihrer persönlichen

Welche Schlüsselthemen bestimmen das Geschehen auf dem Weiterbildungsmarkt? - In unserer im Juli 1997 durchgeführten Trendanalyse (vgl. auch TA 1/98, S. 4/5) fragten wir Seminaranbieter nach ihrer persönlichen Einschätzung, die Unternehmen nannten uns ihren vordringlichen Bildungsbedarf. Von 20 Themenbereichen sollten Anbieter und Nachfrager jeweils fünf Themen benennen, die sie als die momentan bedeutendsten bzw. als die zukünftig wichtigsten einschätzen.
Demnach ist 'Menschenführung' nach wie vor das mit Abstand wichtigste Weiterbildungsthema. Knapp 58 Prozent der Seminaranbieter messen ihm besondere Priorität bei und prognostizieren eine stark wachsende Bedeutung (68 Prozent). 61 Prozent der Personalverantwortlichen sehen dies ähnlich, kommen jedoch im Hinblick auf die Zukunft zu einer anderen Einschätzung: Sie vermuten einen leichten Rückgang. Damit steht das Top-Thema 'Führung' beispielhaft für die gegenwärtige Labilität des Marktes. So hatten bei der Umfrage im Jahr 1996 noch 72 Prozent der Unternehmen einen vordringlichen Weiterbildungsbedarf im Führungsverhalten ihrer Manager ausgemacht - vielleicht ein Grund für die gegensätzliche Prognose der Seminaranbieter, die sich noch auf die Situation des Vorjahres stützt.
Zu ebenfalls konträren Einschätzungen kommen Anbieter und Nachfrager beim Themenbereich 'Allgemeines Management'. Seminaranbieter sehen darin das zweitwichtigste Thema mit stark rückläufiger Bedeutung, Unternehmen hingegen setzen es auf Rang fünf ihrer Prioritätenskala, vermuten aber einen Bedeutungsgewinn. Auffällig ist auch der nach wie vor hohe Bildungsbedarf der Unternehmen im Bereich 'EDV'. Neben den üblichen Anwenderschulungen in den gängigen Office-Programmen erfordern die Folgen der weltweiten Vernetzung sowie neue Organisationsformen im Schlepptau von Reengineering und verschlankten Fertigungsprozessen erhebliches Know-how. Internet und Intranet, Teleworking und Telelearning beschäftigen inzwischen sogar die Managementetagen. Der Seminarmarkt profitiert hiervon jedoch nicht mehr im gewohnten Maße. Viele Unternehmen setzen auf interne Schulungen und starten ihre ersten groß angelegten Gehversuche, EDV-Seminare durch CBT zu ersetzen.
Eine echte Angebotslücke ist hingegen im Bereich 'Sprachen/Interkulturelles Training' auszumachen. Über 22 Prozent der Unternehmen sehen hier akuten Weiterbildungsbedarf, nur etwas über zehn Prozent der Weiterbildungsanbieter teilen diese Einschätzung. Dabei drängt sich dieser Themenbereich für den offenen Seminarmarkt geradezu auf. Immerhin: Betrachtet man die Einschätzung der Zukunft, scheinen die Anbieter diese Chance erkannt zu haben.
Eine von Anbietern und Nachfragern gleichermaßen rückläufige Bedeutung ist bei klassischen Weiterbildungsthemen wie 'Rhetorik', 'Verkauf/Marketing', 'EDV' und 'Zeitmanagement' zu verzeichnen. Dies kommt offensichtlich den Randthemen wie 'Gehirn und Lernen', 'Fitness/Gesundheit' und 'Lebensplanung/Familie' zugute. Betrachtet man in diesem Zusammenhang die von beiden Seiten stark wachsende Bedeutung des Themas 'Persönlichkeitsentwicklung', so stabilisiert sich ein Trend, der bereits bei der Befragung aus 1996 festzustellen war: Das Individuum steht wieder zunehmend im Mittelpunkt der Qualifizierungsmaßnahmen. Die Seminaranbieter prognostizieren in den genannten Bereichen einen wesentlich stärkeren Bedarf als die Unternehmen. Vielleicht eine erste Konsequenz aus der Entwicklung, daß der Mitarbeiter in punkto Weiterbildung zunehmend als Privatperson in die (Mit-)Verantwortung genommen wird. Die Unternehmen konzentrieren sich auf firmeninterne Weiterbildungsmaßnahmen und präferieren arbeitsplatznahe Lernformen. Demzufolge werden Weiterbildungsanbieter ihre Klientel zukünftig verstärkt unter Privatpersonen rekrutieren müssen - und dies insbesondere bei Themen, die die persönliche Entwicklung von Fertigkeiten, Fähigkeiten und Potentialen zum Ziel haben.
Den Trend zu sogenannten weichen Themen unterstreichen die ebenfalls wachsenden Bereiche 'Personalmanagement' und 'Unternehmenskultur'. Dabei ist 'Unternehmenskultur' mit exorbitantem Bedeutungszuwachs bei Anbietern wie Nachfragern das Trendthema schlechthin. Ob diese Prognose in Zukunft tatsächlich so eintrifft, steht auf einem anderen Blatt. Sie gibt jedoch einen deutlichen Hinweis darauf, daß das Thema nach übereinstimmender Meinung gegenwärtig stark vernachlässigt wird. Nach Reorganisation und Rationalisierung reift offensichtlich die Erkenntnis, daß schlanke Unternehmen noch lange keine lernenden Organisationen sind. Und die Sinnfrage stellt sich in turbulenten Zeiten dringlicher denn je. Wie sagte es ein befragter Seminaranbieter treffend: 'Visionen, Ziele, Strategie, Struktur, Kultur sind gefragt im Zeitalter der lernenden und kundenorientierten Organisation.' Mit neuem Lernen hat dies viel, mit klassischer Weiterbildung jedoch immer weniger zu tun.
Autor(en): (jgr)
Quelle: Training aktuell 02/98, Februar 1998
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