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Trendanalyse: Die Marktsituation der Bildungsanbieter

Nach wie vor wird der Weiterbildungsmarkt von 'Einzelkämpfern' und Kleinanbietern dominiert. 66,2 Prozent der Seminaranbieter haben weniger als sechs feste Mitarbeiter, 14,2 Prozent haben zwischen 6 und 10 feste Mitarbeiter. Die übrigen knapp 20 Prozent teilen sich Unternehmen mit einem festen Mitarbeiterstab von mehr als 10 Personen, so das Ergebnis einer Trendanalyse, die die Redaktion im Juni/Juli 96 vornahm*. Gegenüber der von 'TRAINING aktuell' durchgeführten Untersuchung aus dem Jahre 1994 ist damit noch eine deutliche Zunahme der Seminarunternehmen mit 1 bis 5 Mitarbeitern (deren Anteil lag 1994 noch bei 58 Prozent) zulasten der größeren Anbieter und Institute zu verzeichnen.
Analysiert man die allgemeine Stimmung und Auftragslage der Weiterbildungsanbieter, so ergibt sich je nach ihrer Unternehmensgröße ein äußerst differenziertes Bild. Ein Fazit läßt sich jedoch ziehen: Der Branche geht es insgesamt besser, als es die allgemeine wirtschaftliche Lage vermuten läßt. Was hingegen auffällt: Weiterbildungsanbietern, die sich über volle Auftragsbücher freuen können, steht ein beträchtlicher Anteil derer gegenüber, die in echten Existenznöten stecken. Dennoch ist insgesamt eine deutliche Verbesserung der Auftragslage zu verzeichnen. Knapp 45 Prozent gaben eine erhöhte, 8,7 Prozent sogar eine stark erhöhte Auftragslage an. 21,5 Prozent mußten sich mit einer unveränderten, 20,6 Prozent mit einer rückläufigen Auftragslage abfinden (siehe Abb. Seite 8).
Wir fragten: 'Wie hat sich in Ihrem Institut die Anzahl der festangestellten MitarbeiterInnen im Zeitraum von 1.1.95 bis zum 31.12.95 entwickelt?' 64,2 Prozent ließen ihren Mitarbeiterstab unverändert, 22,8 Prozent gaben an, daß sich ihre Mitarbeiterzahl erhöht bzw. stark erhöht hat, 12 Prozent reduzierten ihren Mitarbeiterstab. Innerhalb dieser Zahlen gibt es erhebliche Schwankungen je nach Größe des Anbieters. 45,9 Prozent der Anbieter mit 6 bis 10 Mitarbeitern stockten ihre festen Mitarbeiter auf, ebenso überdurchschnittlich ist die Erhöhung der Großanbieter mit über 50 festen Mitarbeitern (40,5 Prozent).

Großanbieter im Verdrängungswettbewerb

Bei den Großanbietern legen die Zahlen den Schluß nahe, daß deren Wachstum zu Lasten der direkten Wettbewerber geht. Denn hier liegt der Anteil derjenigen Unternehmen, die ihren Mitarbeiterstab reduzieren bzw. sogar stark reduzieren mußten, mit 32,4 Prozent ebenfalls weit über dem Durchschnitt. Dieses Ergebnis deckt sich auch mit der ermittelten Auftragslage. Einer erhöhten bzw. stark erhöhten Auftragslage von zusammen 54 Prozent steht bei den Anbietern mit über 50 festen Mitarbeitern ein Rückgang der Aufträge von gleichfalls 32,4 Prozent gegenüber. Doch nicht nur der Verdrängungswettbewerb untereinander macht den Großanbietern zu schaffen. Ihnen erwächst eine starke Konkurrenz in den IHKs, deren Weiterbildungsprogramme sich von Themen und Umfang kaum mehr von denen der Großanbieter unterscheiden. Und nicht zuletzt die Universitäten entdecken verstärkt aufstiegsinteressierte Fach- und Führungskräfte als neue Klientel. Stellvertretend sei hier der Hochschulverbund 'regiowiss' genannt (vgl. TA 12/96, S.5), der sich im Herbst 96 mit einem eigenen Seminarangebot erstmals auf den 'offenen' Weiterbildungsmarkt wagte. Der Vorteil von IHKs und Hochschulen: Sie können ihr Angebot zu Preisen offerieren, die für im freien Wettbewerb stehende Großanbieter jenseits der Rentabilitätsgrenze liegen. Fazit: Für Großanbieter dürfte in den nächsten Jahren die Luft noch dünner werden.

Gefragt: Das Trainerteam aus Spezialisten

Ganz anders stellt sich die Situation für Weiterbildungsanbieter in der Größenordnung von 6 bis 10 Mitarbeitern dar. Ein möglicher Grund: Unternehmen verlangen von externen Anbietern verstärkt 'maßgeschneiderte' Weiterbildungskozeptionen 'aus einem Guß'. Die damit verbundenen Anforderungen sind weder von 'Einzelkämpfern' noch von großen Instituten hinlänglich zu erfüllen. Ein effizientes Team von Spezialisten für unterschiedliche Aufgabenstellungen, die jedoch als ein Unternehmen eine gemeinsame Sprache und Philosophie vertreten, scheint hierauf die passende Antwort zu sein. Ein mehr als deutliches Indiz ist ein Spitzenwert bei der Auftragslage. Auf die Frage: 'Wie hat sich die Auftragslage verglichen mit dem Vorjahr (1994) verändert?' konnten sich 59 Prozent der Anbieter mit 6 bis 10 festen Mitarbeitern über eine Erhöhung bzw. eine starke Erhöhung freuen.

Großanbieter entdecken 'Einzelkämpfer'

Wie stellt sich die Marktsituation nun für die überwältigende Mehrheit der so häufig als 'Einzelkämpfer' bezeichneten Kleinstanbieter mit 1 bis 5 Mitarbeitern dar? Auch sie können sich zu über 53 Prozent über eine erhöhte bzw. sogar stark erhöhte Auftragslage freuen. Für 21,1 Prozent blieb 1995 gegenüber dem Vorjahr die Auftragslage unverändert. Ein knappes Viertel mußte hingegen deutliche Einbußen an Aufträgen verzeichnen. Nach wie vor ist die Mundpropaganda das beste Marketinginstrument für Einzelkämpfer. Stellvertretend sei hier die Erfahrung einer Kommunikationstrainerin zitiert: 'Wer regelmäßige Kontakte zu zwei bis drei großen Unternehmen hat, kommt über die Zulieferfirmen fast automatisch an neue Aufträge.'
Stellt sich die Frage: Wie knüpft man den Erstkontakt zu großen Unternehmen? In diesem Zusammenhang gewinnt die immer häufiger zu beobachtende Kooperationen zwischen Großanbietern und Einzeltrainern an Bedeutung. So kaufen große Weiterbildungsinstitute verstärkt das Know-how von freien Trainern ein, um ihre Fixkosten gering zu halten und gleichzeitig ihr eigenes Angebot der aktuellen Nachfrage flexibel anpassen zu können. Zwar liegen die Honorare für die freien Trainer in der Regel deutlich unter denen, die ein Unternehmen für eine vergleichbare Leistung zahlen müßte. Dennoch lohnt sich für die 'Einzelkämpfer' diese Kooperation. Statt teures und aufwendiges Marketing für die eigene Arbeit zu betreiben, wird ihr Name über die Kataloge der Großanbieter vermarktet. Auf diese Weise ergeben sich für die freien Trainer häufiginteressante Neukundenkontakte - und lukrative Folgeaufträge, die in eine längerfristige Zusammenarbeit mit Unternehmen münden können.

Stabile Honorare für gute Arbeit

Werfen wir abschließend einen Blick auf die Frage, wie sich die Marktsituation auf die Honorare auswirkt. 51,6 Prozent stellten keine Veränderung bei den Honorarsätzen fest. Sinkenden Honoraren bei 21,4 Prozent der Befragten stehen 25,4 Prozent gegenüber, die steigende Honorarsätze verzeichnen konnten. Die häufig diskutierte Frage, ob die reinigenden Kräfte des Marktes auch in der Weiterbildungsbranche ihre Geltung haben, findet sich insoweit bestätigt: Unternehmen mit rückläufiger Auftragslage mußten auch überdurchschnittliche Konzessionen bei den Trainerhonoraren einräumen. Wer sich über eine gute Auftragslage freuen konnte, hatte offensichtlich auch keine Probleme, höhere Honorarsätze mit seinen Auftraggebern abzurechnen. Und letztere scheinen auch in Zeiten eines rigiden Kostenmanagements durchaus bereit zu sein, für gute Arbeit gutes Geld zu bezahlen.

*Trendanalyse: die Datenbasis
3.310 Seminaranbieter und 2.130 Weiterbildungsverantwortliche in Unternehmen befragte die Redaktion unseres Verlages im Juni und Juli 1996 zu Marktsituation, Trendthemen, Formen der Zusammenarbeit und veränderten Aufgabenbereichen in der Weiterbildung. 767 Seminaranbieter und 126 Unternehmen beantworteten unseren zweiseitigen Fragebogen. In den nächsten Ausgaben von TRAINING aktuell werden wir die wichtigsten Ergebnisse vorstellen und analysieren. Wir beginnen in dieser Ausgabe mit der aktuellen Marktsituation der Seminar- und Weiterbildungsanbieter.
Autor(en): (jgr)
Quelle: Training aktuell 01/97, Januar 1997
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