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Learntec 2006: Wissensmanagement mit und ohne IT

'Wissen, was kommt' - so lautete das Motto der diesjährigen Learntec, die vom 14. bis 16. Februar 2006 in Karlsruhe stattfand. Getreu diesem Slogan stand nicht mehr das Thema E-Learning allein im Mittelpunkt des Kongresses: Das Programm zeigte eine starke Akzentuierung in Richtung Wissensmanagement. Training aktuell hat nach Trends und Entwicklungen in diesem Bereich Ausschau gehalten.

'Wir entfernen uns langsam von einem technikzentrierten Verständnis des Wissensmanagements', lautet die Prophezeihung von Dr. Ralf Kopp. 'Und zwar zugunsten eines ganzheitlichen Konzeptes, das die personalen, organisatorischen, kulturellen und technologischen Aspekte des Wissensmanagements berücksichtigt.'

Der Koordinator des Forschungsbereiches Organisationsentwicklung und Beratung in der Netzwerkökonomie der Sozialforschungsstelle Dortmund war einer von zahlreichen Referenten, die sich auf der diesjährigen Learntec, die Mitte Februar in Karlsruhe stattfand, mit dem Thema Wissensmanagement auseinander setzten.

Wissen selektiv statt exzessiv managen

Den Grund für die von ihm antizipierte Entwicklung sieht Kopp in den Folgen des exzessiven Wissensmanagements, das seiner Ansicht nach in vielen Unternehmen betrieben wird: 'Offenbar ist man überzeugt, dass alles archiviert werden muss, was für die Unternehmung von Relevanz ist: Wissen ist etwas, was man verschriftlichen muss, damit es gespeichert und bei Bedarf abgerufen werden kann.'

Doch dieser Archivierungswahn führt in den Augen des Dortmunder Wissenschaftlers zu einem Überangebot von Wissen, das nicht nur die interne Bürokratie erhöht, sondern auch den Wissensssuchenden belastet. Kopp präferiert daher einen selektiven Ansatz des Wissensmanagements, in dem nicht Technologien als Wissensträger fungieren, sondern die Mitarbeiter eines Unternehmens.

Auf diese Weise, so Kopp, könne auch das implizite Wissen der Mitarbeiter genutzt werden, das im Gegensatz zum expliziten Wissen nicht in Formeln und Texten beschrieben werden kann. Für die IT-Nutzung bedeutet das: Ihr Schwerpunkt wird sich von einem Speichermedium (z.B. Datenbanken) zu einem Kommunikations- und Vernetzungsmedium (z.B. Chatrooms) verschieben, das die Know-how-Träger in Verbindung setzt.

Wissensmanagement ist auch ohne IT möglich

Dass Wissensmanagement auch ganz ohne IT möglich ist, stellte indes Gabriele Vollmar unter Beweis. Die Trainerin und Beraterin von Wissen + Kommunikation, Reutlingen, präsentierte im Rahmen des Tracks 'Wissensmanagement in KMU' Ergebnisse der Initiative 'Fit für den Wissenswettbewerb'. Ziel dieses Projektes vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie BMWi ist es, Praxisbeispiele für den guten Umgang mit Wissen in KMU zu lokalisieren, zu evaluieren und didaktisch aufzubereiten, um anderen Unternehmen Impulse zu geben.

In einem langwierigen Recherche- und Auswahlprozess wurden insgesamt 25 Unternehmen als 'Beispiele guter Praxis' identifiziert. Z.B. das Bremer Werk für Montagesysteme GmbH mit insgesamt 150 Mitarbeitern. 'Bei dem Maschinenbauer kam es immer wieder zu langwierigen Abstimmungsprozessen zwischen Konstruktion und Produktion', berichtete Gabriele Vollmar. Die Folge: Die Konstrukteure fühlten sich durch regelmäßige Fragen aus der Produktion belastet, der Entwicklungsprozess kam ins Stocken.

Um dieses Problem zu lösen, führte das Unternehmen die Rolle des 'Kümmerers' ein, ein Mitarbeiter, der sich in Konstruktion und Produktion auskennt und sich überdies durch eine hohe Sozialkompetenz auszeichnet. 'Seine Aufgabe besteht darin, die Kommunikation zwischen den beiden Abteilungen effektiv zu gestalten und somit die Entwicklungszeit marktfähiger Produkte zu reduzieren', fasste die Beraterin zusammen.

Ein weiteres Beispiel: Bei der Sitec Industrietechnologie GmbH in Chemnitz klagten die 136 Mitarbeiter darüber, dass sie nicht Schritt halten können mit der rasanten Wissensentwicklung in ihrer Branche. 'Daraufhin wurden regelmäßige Treffen zum Erfahrungsaustausch sowie ein Zeitschriften-Projekt initiiert', beschrieb Gabriele Vollmar den Lösungsprozess. Zehn Mitarbeiter bekamen die Aufgabe, regelmäßig relevante Fachpublikationen zu lesen, auszuwerten und einen Pressespiegel für ihre Kollegen zu erstellen.

Damit solche pragmatischen Lösungen Erfolg haben, müssen indes eine Reihe von Faktoren erfüllt sein, so die Beraterin. 'So muss der Umgang mit dem Thema Wissensmanagement von einer konkreten Herausforderung ausgehen und nicht l‘art pour l‘art erfolgen', gab sie ein Beispiel. Besonders wichtig ist ihrer Ansicht nach auch die Integration der Mitarbeiter. 'Lösungen sollten immer gemeinsam und nicht am grünen Tisch erarbeitet werden.'

Ohne Vertrauensbasis kein Wissensmanagement

Wie wichtig die Mitarbeiter generell für erfolgreiches Wissensmanagement - ob mit oder ohne IT-Unterstützung - sind, betonte auch Prof. Dr. Dr. Hans-Jörg Bullinger: 'Ohne Menschen können Unternehmen das vorhandene Wissen nicht nutzen', ist der Präsident der Fraunhofer Gesellschaft, der als Key-Note-Sprecher die Learntec eröffnete, überzeugt. 'Erst wenn die Menschen für die Idee des Wissensmanagements gewonnen sind und einen persönlichen Nutzen darin erkennen, werden sie ihr Wissen teilen.'
Autor(en): (stb)
Quelle: Training aktuell 03/06, März 2006
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