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Verbrecherjagd im Netz

Führungskräftetraining bei der Polizei

Polizeirat Schneider, Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Karstadt, schlägt am Montagmorgen die Zeitung auf und liest in einem Artikel von den vermeintlich verheerenden Zuständen in seiner Inspektion: Die Personaldecke sei zu dünn, die Ausbildung zu lasch und die Mannschaft aufgrund falscher Führungsentscheidungen wenig motiviert. Nachdem sich Schneider von seinem Schock erholt hat, entwickelt er Strategien zur Schadensbekämpfung: Er wird gegen den Polizeibeamten, der die Presse mit internen Informationen versorgt hat, ein Disziplinarverfahren einleiten, einem lokalen Radiosender ein Interview geben und ein klärendes Gespräch mit dem Bürgermeister führen. Doch ist damit wirklich alles gesagt und getan?

Lernen in der virtuellen Dienststube der Polizei

Es ist noch nicht alles getan: Weitere Maßnahmen entwickeln sollen die Studenten der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) in Münster. Denn Polizeirat Schneider und die Polizeiinspektion Karstadt sind nicht real, sondern Teil eines eigens für den Polizeinachwuchs entwickelten szenariobasierten Konzeptes. Dreh- und Angelpunkt ist die virtuelle Dienststelle 'Polizeiinspektion Karstadt' im Intranet der DHPol. Sie hält sämtliche für eine Polizeiinspektion relevanten Daten bereit: darunter Zahlen zur Kriminalitäts- und Verkehrsunfallentwicklung sowie Informationen zu den lokalen Behörden und den Medien. 'Aufgabe der DHPol-Studenten ist es, die Inspektion in der Rolle des Dienststellenleiters zu managen', erklärt Dirk Heidemann, der als DHPol-Dozent für Führung und Management das Konzept entwickelt hat. Dabei werden die Anwärter auf den höheren Polizeidienst mit einer Reihe realistischer Szenarien konfrontiert, die mit Fotos, Videos und Tondokumenten dargestellt sind.
 
Komplexer Alltag eines Beamten

'Das Beispiel von Polizeirat Schneider etwa zeigt den Studenten, wie viele Überlegungen und Entscheidungen an einem einzigen Zeitungsartikel hängen', so Heidemann. Mit Unterstützung des Dozenten analysieren die Teilnehmer in Lerngruppen das Problem und feilen an ihrem Vorgehen. Erprobt werden die Lösungen u.a. in Rollenspielen, die zeigen, ob die Taktik aufgeht oder nicht. Drehen sich die Studenten bei der Lösung eines Problems im Kreis, wird die Situation aufgestellt. 'Mit Hilfe der Organisationsaufstellung entwickeln die angehenden Führungskräfte die nötige Systemkompetenz', erklärt Heidemann den Einsatz der Methode.

Systemkompetenz hält Heidemann für unverzichtbar für angehende Führungskräfte, ebenso wie Methoden,- Sozial- und Selbstkompetenz sowie strategische Kompetenz. All diese Kompetenzen sollen die künftigen Dienststellenleiter durch szenariobasiertes Lernen erwerben. Eingebettet ist das Konzept des situativen Lernens im Rahmen der Führungskräfteentwicklung in die Module Führung und Management. Die zwei Ausbildungsabschnitte, in denen die Studenten in einer handlungsorientierten Lernumgebung Führungskompetenzen erarbeiten, ergänzen nun die Module, in denen vorrangig Fachwissen über Daten und Fakten vermittelt wird. Als Grund für die Einführung der handlungsorientierten Module nennt Heidemann sein Verständnis von Führungslehre: Sie darf sich nicht auf die Vermittlung von Fachwissen beschränken, ist der Dozent überzeugt. 'Erst die Verbindung von Fachwissen und Führungskompetenz macht professionelles Handeln möglich', erklärt Heidemann.
 
Fachwissen trifft Kompetenz

Und das Konzept der Simulation, mit dem etwa auch die Bundeswehr den Ernstfall probt, scheint gut anzukommen. Nach Aussage von Heidemann ist das Feedback der Teilnehmer positiv: 'Die Studenten erleben in den Szenarien, wie sich Fachwissen mit geeigneten Führungskompetenzen im Alltag  anwenden lässt und fühlen sich somit auf ihren späteren Einsatz vorbereitet', so der Polizeibeamte. Nicht zuletzt deshalb kann sich Heidemann vorstellen, das Konzept auch anderen Organisationen anzubieten.
Autor(en): (ahe)
Quelle: Training aktuell 01/08, Januar 2008
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