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Zum Tod Peter F. Druckers: Rückblende auf einen Vorausschauenden

Peter F. Drucker ist tot. Er starb am 11. November 2005 im kalifornischen Claremont, kurz vor seinem 96. Geburtstag. Drucker gilt als einer der produktivsten, einflussreichsten und geistig vielseitigsten Managementvordenker überhaupt. Mit seinen Ideen war er seiner Zeit stets voraus, wobei er - wie es heißt - aus zweierlei Quellen schöpfte: seinen über die Welt des Managements hinausgehenden, breit gefächerten Interessen und seinem biografischen Background.

Seine Herkunft stellte die Weichen: Geboren am 19. November 1909 im Wien der k.u.k-Monarchie, wuchs Peter F. Drucker in einem großbürgerlicheren Elternhaus auf, in dem die intellektuelle Elite der damaligen Zeit ein und aus ging. Angeregt durch dies förderliche Klima entwickelte der junge Drucker Interesse für vielerlei Wissensgebiete - sei es Geschichte oder Wirtschaft. Und diese breit gefächerte Neugierde sollte ihn sein Leben lang begleiten.

Konnte er sich irgendwo nicht mehr weiterentwickeln, beschritt er neue Wege: Statt sich mit einer ihn langweilenden Kaufmannslehre in Hamburg zu begnügen, entschied er sich, Jura zu studieren. Statt sich nur ins Studium der Paragraphen zu vertiefen, sammelte Drucker als Journalist publizistische Erfahrungen. Statt seine Habilitation über den Rechtsstaat fertig zu stellen, entfloh er - angeekelt vom dumpf-dummen Dunst der Nazis - nach Großbritannien, wo er Chefökonom bei einer Privatbank wurde und seine Frau Doris kennen lernte, die er 1934 heiratete. 1937 wanderte das Paar in die USA aus, wo Drucker zunächst als Journalist arbeitete und am Bennington College in Vermont Politik und Philosophie unterrichtete.

Zu jener Zeit begann auch Druckers überaus produktive Laufbahn als Autor. 1939 erschien sein erstes Buch 'The End of Economic Man', in dem er sich mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus befasste, den er nicht zuletzt auf das Scheitern des Kapitalismus zurückführte. Kein geringerer Rezensent als Winston Churchill lobte das Werk damals in der britischen Times. Nicht viel später, 1942, erschien Druckers nächstes Buch 'The Future of Industrial Man' (dt.: 'Die Zukunft der Industriegesellschaft', 1967), dessen Hauptthese lautete: Die moderne Gesellschaft ist zu einer Gesellschaft der Organisationen geworden - Organisationen, die in ihrer Größe historisch etwas völlig Neuartiges darstellen und die die Menschen, die in ihnen arbeiten, vor völlig neue Herausforderungen stellen.

Von solch einer Organisation - und zwar der damals weltgrößten - bekam Drucker auch seinen ersten Beratungsauftrag: Er wurde von General Motors angeheuert und durchleuchtete den Konzern und sein Management in den folgenden Jahren bis in alle Einzelheiten. Das Ergebnis: die 1946 publizierte Studie 'The Concept of Corporation' (dt.: 'Das Großunternehmen', 1966). Sie zeigte zum ersten Mal die entscheidende Rolle des Managements in einem Unternehmen auf. Mit diesem Buch war eine neue Forschungsdisziplin geboren: die Managementforschung.

Drucker war seiner Zeit immer voraus

Erstmals fiel zu jener frühen Stunde auch Druckers enorme Weitsicht auf, seine Fähigkeit, seiner Zeit vorauszudenken: Er empfahl Dezentralisierung und die Beschränkung auf Kernaufgaben als GM noch alles selbst machte. Später sagte er lange vor allen anderen den wirtschaftlichen Aufstieg Japans voraus. Er erkannte die Bedeutung des Marketings und des Zeitmanagements. Er begriff schon in den 60er Jahren, dass Wertschöpfung in Zukunft vor allem auf Wissen fußen würde. Er wusste früh um die Bedeutung der lernenden Organisation und war sicher, dass Führungskräfte in solch einer Organisation ganz anders führen müssen, nämlich kooperativ statt autoritär. Selbst die Herausforderungen des demographischen Wandels erkannte Drucker vor allen anderen.

Drucker wechselte 1950 an die New York University’s Graduate Business School, wo er 20 Jahre Management lehrte. 1971 ging er an die Claremont University bei Los Angeles, wo die Peter F. Drucker Graduate School of Management eingerichtet wurde, die bis heute jährlich den 'Peter F. Drucker Award for Nonprofit Innovation' vergibt. Druckers Erstlingswerken folgten unzählige Artikel und mehr als 30 Bücher mit ebenfalls großer Wirkung - ob es nun Werke über Gesellschaft, Politik und Wirtschaft waren oder Management-Bücher. Selbst zwei Romane zählen zu Druckers Werk - und seine Autobiographie 'Adventures of a Bystander', erschienen 1998. Außerhalb der Welt der Wissenschaft folgten dem Auftrag bei GM zahlreiche Beratungsaufträge in Konzernen wie Coca-Cola und IBM.

Drucker: Mit über 90 immer noch 'der jüngste Geist'

Die über Jahrzehnte andauernde Wirkung Druckers und seine Fähigkeit, bis ins hohe Alter (er kannte keinen Ruhestand) dem Puls der Zeit stets voraus zu sein, führen viele seiner Freunde und Schüler vor allem auf Druckers intellektuellen Tiefgang zurück, der weit über die Felder Wirtschaft und Management hinausreichte. 'Drucker ist universal gebildet und entwickelt diese Bildung ständig weiter', urteilte sein langjähriger Freund Peter Paschek, geschäftsführender Gesellschafter der Delta Management Consultants GmbH, Berlin, im vorigen Jahr anlässlich des 95. Geburtstages des Mannes mit dem - so die Zeitschrift Forbes im Jahr 1997 - 'immer noch jüngsten Geist'.

Aus der Sicht Hermann Simons war Druckers Weitsicht vor allem auch Resultat seines substanziellen Verständnisses für geschichtliche Entwicklungen, seiner Fähigkeit, aus der Rückwärtsschau zu lernen: 'Genau hier liegt die Stärke Druckers und die markanteste Schwäche nahezu aller anderen Managementautoren, deren Geschichtswissen typischerweise sporadisch-oberflächlich ist oder völlig fehlt', so Simon.
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