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Mitarbeiterbeurteilung: Köhlers Vorschlag und die Folgen

Die Freude ist groß bei all jenen, die sich seit Jahrzehnten für das Thema stark machen: Bundespräsident Horst Köhler hat an Politiker und Tarifparteien appelliert, Mitarbeiter auf breiter Front am Produktivvermögen oder Ertrag der Unternehmen zu beteiligen. Die finanzielle Teilhabe soll seiner Ansicht nach gesetzlich stärker gefördert werden. Nun zerbrechen sich die Koalitionäre den Kopf über das Wie.

Zwar hat sich Bundespräsident Köhler schon des Öfteren pro Mitarbeiterbeteiligung ausgesprochen, doch erst jetzt - da die Bundesregierung damit befasst ist, tief greifende Entscheidungen für die nächsten Jahre zu treffen und das Thema variable Vergütung heiß diskutiert - schlägt Köhlers Anregung in Politik und Öffentlichkeit hohe Wellen. Wen das ganz besonders freut, ist Michael Lezius, Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft (APW), Kassel, dessen Verband sich seit mehr als einem halben Jahrhundert für Mitarbeiterbeteiligung einsetzt.

Bislang bieten erst 3.300 Firmen in Deutschland ihren Mitarbeitern die Möglichkeit einer Beteiligung, von der nach verbreiteter Ansicht nicht nur die Angestellten, sondern auch die Unternehmen profitieren: weil teilhabende Mitarbeiter motivierter sind, ein stärkeres Interesse haben, sich einzubringen und sich an ihr Unternehmen besonders gebunden fühlen. Aber auch, weil ein Betrieb mit höherem Eigenkapitalanteil seine Liquidität und Kreditwürdigkeit verbessern kann.

Derzeit werden gesetzliche Fördermöglichkeiten diskutiert

Lezius allerdings ist skeptisch, ob den vielen Sonntagsreden, in denen sowohl SPD- als auch CDU-Politiker die Teilhabe zurzeit preisen, tatsächlich gesetzgeberische Taten folgen werden. Zumindest wird es schwierig sein, sich darüber einig zu werden, wie der Staat die Mitarbeiterbeteiligung fördern kann. In der Diskussion steht unter anderem das Vermögensbildungsgesetz, genauer gesagt dessen Paragraph 19a, nach dem ein Betrag von 135 Euro, den Mitarbeiter in ihren Arbeitgeber investieren, steuerfrei ist.

Das ist nicht nur lächerlich wenig. Hier und da wurde vielmehr sogar schon über die völlige Abschaffung dieses Paragraphen im Zuge der Reform des Vermögensbildungsgesetzes gemunkelt. Einige Vorkämpfer der Beteiligung fordern nun jedoch, auf den Paragraphen nicht zu verzichten, sondern ihn sogar auszuweiten. So könnten z.B. auch größere Gehaltsanteile (etwa Urlaubs- und Weihnachtsgeld) in steuerfreie Unternehmensbeteiligungen umgewandelt werden.

Andere, wie der CDU-Finanzexperte Michael Meister, wiederum präferieren die Integration der Mitarbeiterbeteiligung in die steuerlich geförderte Altersvorsorge. Auch Lezius steht letzterem Vorschlag positiv gegenüber. Der Grund: 'Dieses Vorhaben lässt sich wahrscheinlich gut realisieren. Man verzichtet dabei nämlich nicht auf Steuern wie es bei einer Ausweitung des Paragraphen 19a der Fall wäre. Vielmehr behält man eine nachgelagerte Versteuerung bei.'

Mit einem Grundsatzpapier, in dem nicht zuletzt die Dringlichkeit einer entsprechenden Reform der Altersvorsorge betont wird, will die APW auf die Verhandlungen der Koalitionäre einwirken.

Neben Befürwortern der Mitarbeiterbeteiligung gibt es allerdings auch Skeptiker, die das Modell in Zeiten, in denen Mitarbeiter immer kürzer in den Unternehmen bleiben, für problematisch halten, oder die - wie die Gewerkschaften - ein zu großes Finanzrisiko auf Seiten der Mitarbeiter sehen. Lezius gibt ein Beispiel für noch ungeklärte Fragen: 'Was soll z.B. geschehen, wenn ein Mitarbeiter von einem Unternehmen, in dem er Aktien hatte, zu einem neuen Arbeitgeber wechselt, bei dem nur die Möglichkeit besteht, sich mit einem Darlehen einzubringen?'

Vor allem müsse ein Gesetzesrahmen geschaffen werden, um Arbeitnehmer gegen die Insolvenz ihres Arbeitgebers abzusichern, damit sich mit der Firma nicht auch die persönliche Altersvorsorge in Luft auflöst.

Materielle Beteiligung ohne immaterielle Basis bringt nichts

Viele Befürchtungen auf Seiten skeptischer Unternehmer sind dagegen aus Expertensicht unbegründet, etwa die Angst vor der Mitbestimmung durch die Mitarbeiter. 'Dieses Argument greift nicht, denn es gibt eine solche Vielzahl von Modellen der Mitarbeiterbeteiligung, dass für jedes Unternehmen etwas Passendes dabei ist, auch für die, die ihre Mitarbeiter nicht an den unternehmerischen Entscheidungen teilhaben lassen wollen', erklärt Stefan Fritz, Co-Geschäftsführer der Gesellschaft für innerbetriebliche Zusammenarbeit (GIZ) in Forchheim, die Unternehmen bei der Einführung von Mitarbeiterbeteiligungen berät.

So haben denn auch Mitarbeiter, die als stille Gesellschafter ihres Unternehmens fungieren oder nur mit Genussrechten ausgestattet sind, zwar ein Anrecht auf Information und Kontrolle, aber nicht auf Mitbestimmung. Dies ist dagegen beispielsweise dann der Fall, wenn sie Belegschaftsaktien erwerben.

Allerdings: Wenn ein Patriarch, der seinen Betrieb vollkommen hierarchisch führt, plötzlich Mitarbeiterbeteiligung einführen will, dann kann das nicht funktionieren. So weiß denn auch Fritz aus seiner Beratungspraxis: 'Die materielle Beteiligung kann nur positiv wirken, wenn sie ein immaterielles Fundament hat.'
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