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Interview über Leadership-Branding

'Führungskräfte müssen Botschafter der Marke sein'

Als Geschäftsführerin der Deutschen Employer Branding Akademie (DEBA) hat Christina Grubendorfer wesentlich dazu beigetragen, das Thema Arbeitgeberpositionierung auf die Agenden der deutschen Firmen zu hieven. Mit der von ihr jetzt gegründeten LEA Leadership Equity Association GmbH hat sie sich erneut einem Ansatz verschrieben, der in Deutschland bisher kaum bekannt ist: Leadership-Branding. manager-Seminare sprach mit der Unternehmerin über die Inhalte und Hintergründe des Konzepts.

Frau Grubendorfer, seit Sie die Deutsche Employer Branding Akademy gegründet haben, sind gerade einmal drei Jahre vergangen. Warum haben Sie umgesattelt?

Christina Grubendorfer: Das Ziel, dem Thema Employer-Branding in Deutschland einen Raum zu geben, haben wir mit der DEBA erreicht. Auch in vielen Unternehmen ist die Botschaft, wie wichtig es ist, sich als Arbeitgeber zu positionieren, bereits angekommen. Employer-Branding-Strategien werden entwickelt, entsprechende Kampagnen gefahren. Doch auch die beste Strategie geht nicht auf, wenn sich die Manager nicht stimmig zur Arbeitgebermarke verhalten. Durch Leadership-Branding wird stimmiges und damit glaubwürdiges Managerverhalten erzeugt. Das Thema als Nächstes aufzugreifen ergab sich fast zwangsläufig aus meiner Arbeit.

Demnach ist Leadership-Branding …

Grubendorfer: … ein Konzept für die Entwicklung einer markenorientierten Unternehmens- und Mitarbeiterführung. Es unterstützt Unternehmen dabei, Glaubwürdigkeit zu gewinnen, als Arbeitgeber, aber auch in anderen Rollen als Anbieter von Produkten bzw. Dienstleistungen oder als gesellschaftlicher Akteur.

Was genau verstehen Sie unter 'markenorientierter Führung'?

Grubendorfer: Eine Führung, die zur Unternehmensmarke passt. Es gibt  einige Unternehmen, die gute Beispiele für markenorientierte Führung liefern. Wal-Mart etwa ist bekannt für konstant niedrige Preise. Dazu passend stehen dort die Führungskräfte für ein effizientes Kostenmanagement und eine pünktliche Ablieferung. FedEx wird mit der Bereitschaft verbunden, uneingeschränkt und entschlossen alles zu tun, was nötig ist, um eine reibungslose Logistik zu gewährleisten. Entsprechend stehen die Führungskräfte für das Einhalten von Terminen und für schnelles Problemlösen. Bei IKEA wiederum wird kooperativ und unkompliziert im Sinne von Mitmachen und Vormachen geführt, was ebenfalls sehr gut zur Unternehmensmarke passt. Führung muss zur Unternehmensmarke passen, dann steigert sie die Glaubwürdigkeit des Unternehmens.

Was bewirkt markenorientierte Führung nach innen?

Grubendorfer: Vor allem senkt sie die Fluktuation und erhöht das Commitment. Aus zwei Gründen. Erstens: Bewerber wissen, was sie erwartet und vor allem, wer sie erwartet. Menschen kommen zu Unternehmen, aber sie verlassen Vorgesetzte. Laut Gallup-Umfrage ist das Verhalten des direkten Vorgesetzten der häufigste Kündigungsgrund. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie heuern als notorischer Querdenker bei einem Internetunternehmen an, dass angeblich für Kreativität und Innovationskraft steht, und Ihr direkter Vorgesetzter entpuppt sich als penibler Paragraphenreiter, der für jede Ihrer Ideen ein zehnseitiges Konzept in dreifacher Ausfertigung verlangt. Wie lange werden Sie es bei ihm aushalten? Der zweite Grund ist, dass Unternehmen viel gezielter passende Führungskräfte rekrutieren können, wenn sie Führung an der Marke ausgerichtet und damit auch klar festgelegt haben, nach welchen Prinzipien bei ihnen geführt wird. Nur dann lässt sich übrigens auch sinnvolle Führungskräfte-Entwicklung durchführen.

Inwiefern?

Grubendorfer: Beispiel Mitarbeitergespräch. Ich glaube nicht, dass es entscheidend ist, dass die Führungskräfte lernen, wie Mitarbeitergespräche aufgebaut werden: erst einmal ein Warm-up, dann einen Überblick geben, danach zuerst den Mitarbeiter reden lassen usw. Viel wichtiger ist es, ihnen beizubringen, wie sie Mitarbeitergespräche im Sinne der Marke führen. Angenommen ein Unternehmen positioniert sich stark über Menschlichkeit wie die Drogeriemarktkette dm: 'Hier bin ich Mensch …' Dann sollten die Führungskräfte im Mitarbeitergespräch auch Fragen wie 'Wie geht es Ihnen?' und 'Kriegen Sie Job und Privates gut unter einen Hut?' in den Vordergrund stellen. Führungskräfte müssen Botschafter der Marke sein und das geht nur mit einer auf die Marke ausgerichteten Führungskräfte-Entwicklung.

Gerade Großunternehmen haben in der Regel Führungsleitlinien. Reichen diese nicht aus, um markenorientierte Führung zu gewährleisten? Warum braucht es dafür ein extra Konzept namens Leadership-Branding?

Grubendorfer: Die Führungsleitbilder, die Unternehmen irgendwo niedergeschrieben haben, sind viel zu unkonkret und schwammig, als dass sie handlungsanleitend wirken könnten. 'Wir wertschätzen unsere Mitarbeiter', 'Wir führen mit Respekt', was soll das heißen? Und genau hierin besteht die Besonderheit des Ansatzes Leadership-Branding. Mithilfe der Markenstrategie wird dem Thema Führung ein klares und differenzierendes Profil gegeben, indem man es auf die wesentlichen Aspekte reduziert und diese möglichst konkret und individuell in Worte fasst.

Wie läuft dieser Prozess ab?

Grubendorfer: Im ersten Schritt wird sichergestellt, dass die verantwortlichen Personen hinter dem Prozess stehen. Ohne das Commitment der Geschäftsführung beziehungsweise des Vorstandes geht es nicht, denn Leadership-Branding läuft immer top-down.

Von Personalern hört man öfters den Wunsch, mehr Dinge bottom-up zu machen.

Grubendorfer: Beim Leadership-Branding funktioniert das nicht. Da sich ein Unternehmen am Ende immer gegenüber dem Kapital verantwortet, sind auch die Kapitaleigner bzw. die, die direkt an diese berichten, in der Verantwortung, Wertemuster zu etablieren und die Kultur zu prägen. Das heißt nicht, dass der Prozess ohne Beteiligung der Führungskräfte und Mitarbeiter ablaufen kann. Nur muss die Richtung ganz klar von oben vorgegeben werden.

Der nächste Schritt im Leadership-Branding-Prozess?

Grubendorfer: Es muss reflektiert werden, wie momentan geführt wird und über welche Werte sich das Unternehmen als Marke positioniert. Und dann wird die Frage gestellt, wie gut beides zusammenpasst. Wir nennen das Leadership/Brand-Check. Dabei müssen auch die Bedeutungen der Werte diskutiert werden: Was bedeutet es, wenn sich ein Unternehmen als „innovativ“ bezeichnet? Für den einen mag dieses Wort für technisch ausgefeilte Lösungen stehen, für den anderen für kundennahe Produkte. Diese Bedeutungen müssen in Einklang gebracht werden. Zunächst auf der ersten Führungsebene und dann auf den anderen Ebenen. Durch systemische Interviews kann dieser Prozess unterstützt werden. Als Nächstes erfolgt eine Zuspitzung auf bestimmte Aspekte, die so genannte Positionierung in Form eines Leadership-Positioning-Statements.

Wie sieht so ein Statement aus? Wird es auf einer Seite niedergeschrieben oder ist es ein Satz?

Grubendorfer: Für das Statement gelten die gleichen Regeln wie für jede andere Markenpositionierung: Es ist möglichst kurz, dabei aber kraftvoll, es wird von möglichst vielen geteilt und ist gleichzeitig so speziell wie möglich. Im Idealfall besteht es tatsächlich aus einem Satz, es können aber auch zwei, drei Sätze sein, die ganz klar beantworten: Was ist unser Verständnis von Leadership? Und: Wofür stehen wir als Leader dieses Unternehmens?

Wie wird dieses Statement dann genutzt?

Grubendorfer: Das Statement entfaltet bereits Wirkung, bevor es überhaupt gefunden wurde. Denn im Findungsprozess wird die Aufmerksamkeit der Manager auf die wesentlichen Aspekte der Unternehmenskultur fokussiert, womit Komplexität reduziert und Klarheit geschaffen wird. Die zentralen Unternehmenswerte werden bewusst auf die Führung übertragen. Wenn das Statement steht, muss es aber natürlich auch angewendet werden. So sollte das gesamte Führungssystem und die Führungskräfte-Entwicklung nach dem Statement ausgerichtet werden. Dazu gehört dann etwa – wie eben am Beispiel von dm erklärt –, die Manager so zu schulen, dass sie den menschlichen Aspekt bei der Führung in den Vordergrund stellen. Weiter sollte das Statement auch nach außen kommuniziert, beispielsweise beim Employer- Branding genutzt werden: 'Bei uns wird nach diesem Prinzip geführt.' Für potenzielle Bewerber ist das eine unglaublich wichtige Information. Aber auch für Kunden und Investoren, was die einbrechenden Aktienkurse nach Managementskandalen eindrücklich belegen.
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