HR_reports

Das neue Pflegeversicherungs-Gesetz

Ãœber das Leben der Mitarbeiter nachdenken

Das neue Pflegeversicherungs-Gesetz stellt Personalchefs vor Herausforderungen: Mitarbeiter können kurzfristig ausfallen, weil sie eine mehrmonatige Pflegefreistellung beantragen. Für die Unternehmen kommt es nun mehr denn je darauf an, in ein partnerschaftliches Verhältnis zu ihren Mitarbeitern zu investieren.

Die Oma wird bettlägrig, der Mitarbeiter will sie pflegen und sich daher ein halbes Jahr freinehmen, der Arbeitgeber muss zustimmen. Seit dem 1. Juli 2008 kann ein solches Szenario in Unternehmen Realität sein. Seit diesem Tag nämlich ist die Reform der Pflegeversicherung in Kraft – und die sieht für Mitarbeiter mit pflegebedürftigen Angehörigen eine Pflegefreistellung vor: Bei einer akut auftretenden Pflegesituation können Mitarbeiter eine kurzfristige Freistellung von bis zu zehn Tagen erwirken. Eine Ankündigungszeit ist dafür nicht erforderlich; der Anspruch auf die „Arbeitszeitverhinderung“ kann von heute auf morgen geltend gemacht werden. Die Pflegezeit ist dafür gedacht, dass der Mitarbeiter organisatorische Vorkehrungen für einen Pflegeplatz treffen oder die Pflege des Angehörigen kurzfristig selbst übernehmen kann.

Wünscht der Arbeitnehmer eine längere Pflegezeit, muss auch diese ihm gewährt werden. Denn das Pflegeversicherungs-Gesetz gesteht Beschäftigten in Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitern zu, eine unbezahlte Freistellung von bis zu sechs Monaten mit anschließendem Rückkehrrecht erwirken zu können, wenn sie einen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung selbst pflegen wollen. Neben den Eltern, Schwiegereltern oder Großeltern sowie dem Ehepartner und den eigenen Kindern kann es sich dabei auch um Lebenspartner, Geschwister sowie Adoptiv- und Pflegekinder handeln. Last but not least hat der Mitarbeiter einen Teilzeitanspruch, d.h., er kann die Pflegezeit auch nur teilweise in Anspruch nehmen.

Ein gutes Betriebsklima wird wichtiger denn je

Auf die Unternehmen kommen unter Umständen schwierige Situationen zu, haben sie es doch durch das Gesetz mit kurzfristigen Arbeitsausfällen zu tun, die kaum zu kompensieren sind. Nach Meinung von Dr. Burkhard Scherf von Dr. Scherf, Schütt und Zander, einer Unternehmensberatung für Arbeitszeitgestaltung und Personaleinsatzplanung mit Hauptsitz in Bonn, ist kleinen und mittelständischen Unternehmen nicht dazu zu raten, vorsorglich die Personaldecke aufzustocken. Die Firmen sollten vielmehr dafür sorgen, dass kritisches Know-how im Unternehmen möglichst breit gestreut ist. „Weiß nur eine Person über einen bestimmten Arbeitsbereich Bescheid, ist das im Falle des Ausfalls dieser Person extrem ungünstig“, so Scherf.

Laut Scherf wird es angesichts der neuen Freistellungs-Möglichkeit für die Unternehmen wichtiger denn je werden, auf ein stabiles Vertrauensverhältnis im Betrieb zu achten. „In Firmen, in denen eine gute Atmosphäre herrscht, ist es wahrscheinlicher, dass Mitarbeiter frühzeitig eine eventuelle Pflegesituation ankündigen, als in Firmen, in denen die Mitarbeiter sich nicht wertgeschätzt fühlen“, meint der Unternehmensberater. Sein Tipp: das Thema Pflege ansprechen und um eine frühzeitige Ankündigung eventueller Ausfälle bitten.

Den Pflegenden hilfreich zur Seite stehen

Laut einer Umfrage des Handelsblatts in Kooperation mit dem Personaldienstleister Randstad und dem Marktforschungsinstitut Innofact unter 302 Personalentscheidern wissen 38 Prozent der Befragten aber nicht einmal, dass ihre Beschäftigten Angehörige pflegen. Die Lebensumstände der Mitarbeiter können sie dementsprechend in der Personalplanung auch nicht berücksichtigen. Doch das ist dringend erforderlich, meint Sascha Armutat: „Personalsysteme müssen stärker als bisher individuelle Lebenser-eignisse der Mitarbeiter reflektieren, um das Mitarbeiterpotenzial voll ausschöpfen zu können“, so der Leiter Referat Arbeitskreise bei der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V. in Düsseldorf.

Nach Meinung von Armutat muss in einer alternden Gesellschaft darüber nachgedacht werden, welche Möglichkeiten Unternehmen ihren Mitarbeitern einrichten möchten, um ältere Angehörige angemessen versorgen zu können. „Die Betriebe sollten den pflegenden Angehörigen partnerschaftlich zur Seite stehen und sich frühzeitig Unterstützungsinstrumente überlegen, mit denen sie verhindern können, dass Beschäftigte aus dem Beruf aussteigen bzw. an Überlastung leiden“, meint auch Jürgen Griesbeck, Eldercare-Experte bei der pme Familienservice GmbH, Berlin. Als Möglichkeiten nennt er flexible Arbeitszeiten sowie Telearbeit.

Wir setzen mit Ihrer Einwilligung Analyse-Cookies ein, um unsere Werbung auszurichten und Ihre Zufriedenheit bei der Nutzung unserer Webseite zu verbessern. Bei dem eingesetzten Dienstleister kann es auch zu einer Datenübermittlung in die USA kommen. Ihre Einwilligung bezieht sich auch auf die Erlaubnis, diese Datenübermittlungen vorzunehmen.

Wenn Sie mit dem Einsatz dieser Cookies einverstanden sind, klicken Sie bitte auf Akzeptieren. Weitere Informationen zur Datenverarbeitung und den damit verbundenen Risiken finden Sie hier.
Akzeptieren Nicht akzeptieren
nach oben Nach oben