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Learntec-Vater Uwe Beck im Interview

'Die neue Kongress-Vielfalt ist gut für den Markt'

Vor 18 Jahren haben die Karlsruher Professoren Dr. Uwe Beck und Dr. Winfried Sommer die Leitmesse der E-Learning-Branche aus der Taufe gehoben: die Learntec. Jetzt ist die Ära Beck und Sommer zu Ende gegangen. Nach ihrem Abschied von der Learntec wirken die beiden Professoren fortan als wissenschaftliche Beiräte eines neuen, der Kölner Messe Zukunft Personal angegliederten E-Learning-Kongresses. managerSeminare sprach mit Uwe Beck über Erfolge der Vergangenheit und Hoffnungen für die Zukunft.

Vor 18 Jahren haben Sie gemeinsam mit Ihrem Kollegen Professor Dr. Sommer die Kongressmesse Learntec gegründet. Im Februar 2010 waren Sie zum letzten Mal als wissenschaftlicher Beirat dabei. Fällt der Abschied schwer?
 
Dr. Uwe Beck: Ja, natürlich ist ein wenig Wehmut im Spiel. Die Learntec ist ja so etwas wie ein Kind, das mein Kollege und ich, gemeinsam mit den verschiedenen Geschäftsführern der Karlsruher Messe und Kongress GmbH, großgezogen haben. Und es war wirklich ein geliebtes Kind. Jetzt überwiegt aber erwartungsfrohe Aufbruchstimmung für neue Vorhaben.
 
In was für eine Welt haben Sie denn das 'Kind' vor 18 Jahren gesetzt?
 
Beck: Als wir die Learntec aus der Taufe hoben, wurde E-Learning von einzelnen engagierten Hochschullehrern und Weiterbildnern vorangetrieben. Einzelne Lernsystemanbieter waren bereits in einem noch nicht entwickelten Markt. Eine entscheidende Wende brachte die Zeit um das Jahr 1990: Die Technologie machte da einige Sprünge. Der Computer wurde von der rein textbasierten Maschine zum grafischen PC und kompakte portable Massendatenspeicher lösten die unförmige 'Bildplatte' ab. Damit war es möglich, Lernsysteme zu entwickeln, die verschiedene Sinneskanäle des Lerners ansprachen, interaktives Lernen ermöglichten und leicht verfügbar waren. Das computergestützte oder multimediale Lernen  – man sprach damals noch nicht von E-Learning – wurde erst damit aus didaktischer und organisationaler Sicht interessant und in den Bildungsdiskurs aufgenommen. Das war die Situation, in der wir die erste Learntec als Diskussionsforum und Marktplatz durchführten.
 
Welche weiteren Entwicklungsschritte prägten in den folgenden Jahren den Markt – und mit ihm die Messe?
 
Beck: E-Learning war schon immer eine Methode, die der technischen Innovation folgte. Erst wurde der Computer multimedial, dann wurde er vernetzt. Die Vernetzung brachte Phänomene wie E-Commerce und E-Banking hervor. Als diese E-Begrifflichkeiten vor gut zehn Jahren boomten, kam auch der Begriff E-Learning auf. Die Vernetzung machte die Integration von E-Learning in die Organisation möglich. Nun gab es Learning-Management-Systeme, mit denen Bildungsprozesse und Bildungsangebote auf Unternehmensebene unterstützt und organisiert werden konnten. Insellösungen wurden zurückgedrängt und Standardisierungen umgesetzt. Das war ein weiterer großer Schritt. Die Miniaturisierung und Mobilität von Endgeräten und das Aufkommen von Web-2.0-Technologien wiederum machen heute neue Lernformen mit Nutzerbeteiligung u.a. via Blog und Twitter sowie die Integration von Lernen und Informieren in Arbeitsprozesse möglich. Eine bedeutende Rolle in der Entwicklung der Branche spielten aber auch die Fördergelder, die zwischen 1996 und 2002 von Bund und Ländern flossen, nachdem die Politik E-Learning als zukunftsfähige Möglichkeit erkannt hatte, das Lernen von der Schule bis zum Ausscheiden aus dem Berufsleben zu unterstützen. Damit kam zum einen viel Geld ins System, zum anderen wurde in den zahlreichen Projektgruppen, die über die Republik verteilt entstanden, eine Vielzahl hoch qualifizierter Fachleute herangebildet. Von diesem Moment an konnte die Branche auf sehr hohem Niveau arbeiten.
 
Auch die Learntec profitierte von den Fördermitteln ...
 
Beck: Ja. Als diese dann nach den Boom-Jahren zurückgefahren oder ganz gestrichen wurden, hat die Learntec das nicht zuletzt durch sinkende Teilnehmerzahlen zu spüren bekommen.
 
Aber der Teilnehmerrückgang ist doch nicht nur auf sinkende Fördermittel zurückzuführen?
 
Beck: Richtig, dass die Messe in ihren früheren Boomzeiten einmal 10.000 Teilnehmer anlockte und jetzt nur noch gut 5.000, ist auch schlicht Resultat dessen, dass das Thema E-Learning damals noch neu war. Viele wollten wissen, was dahinter steckt. Unternehmen schickten große Abordnungen zur Messe. Heute weiß man zumindest in den großen Unternehmen, was E-Learning ist, und man schickt nur noch die Spezialisten oder jemanden, der einen speziellen Projektauftrag hat, auf die Learntec. Und eine Erstinformation über E-Learning kann man sich auch über andere Quellen holen.
 
Gleichwohl schießen dieser Tage neue E-Learning-Kongresse und -Messen wie Pilze aus dem Boden. Die CeBIT hat das Thema für sich entdeckt, die didacta und auch die Zukunft Personal, die im Herbst mit einem neuen E-Learning-Kongress, der Professional Learning Europe, aufwartet, die Sie gemeinsam mit Ihren Kollegen Sabine Seufert und Winfried Sommer als wissenschaftliche Leiter unterstützen werden.
 
Beck: Diese Vielfalt ist völlig normal – und sie ist auch gut für die Branche, die sich damit breiter, adressatengerechter aufstellen kann. Wenn sich ein Markt entwickelt und ausdifferenziert, differenzieren sich auch Kongresse und Messen. Es gibt Veranstaltungen, die sich speziell an Schulen richten, solche, die auf den Hochschulbereich fokussiert sind, es gibt Corporate-Veranstaltungen wie die PLE, die Professional Learning Europe. Und es wird weiterhin Veranstaltungen für die E-Learning-Spezialisten geben, die das Thema E-Learning in all seiner Facettenvielfalt differenziert aufbereiten.
 
So wie die Learntec?
 
Beck: Die Learntec war bisher solch eine Veranstaltung. Nun aber ist sie auf einem anderen Weg und will sich breiter aufstellen. Diesen Weg wollten Professor Sommer und ich nicht weiter mitgehen, weil wir der Meinung sind: Entweder man bleibt bei einem scharfen Spezialisten-Profil oder man öffnet sich den Nichtspezialisten, die ein potenzielles Interesse an dem Thema haben könnten. Dann aber ist man dort besser aufgehoben, wo diese Personen ohnehin schon in Scharen hinströmen.
 
Sind Sie deshalb in den Beirat der Professional Learning Europe gegangen?
 
Beck: Ja, auch deshalb. Als Hochschullehrer haben wir uns seit jeher Gedanken darüber gemacht, was unter den gegebenen Bedingungen unsere Aufgabe ist. Damals bestand die Aufgabe darin, eine neue Lernmethode zu entwickeln und am Markt zu platzieren. Jetzt haben wir einen gefestigten Markt. Wir stellen aber auch fest, dass die Durchdringung der deutschen Unternehmen mit der Methode E-Learning mit ihrer Vielfalt der Nutzungsmöglichkeiten noch immer sehr unvollständig ist. Es gibt z.B. zahlreiche, auch große Mittelständler, bei denen das Thema noch nicht angekommen ist. Und in vielen großen Unternehmen ist es zwar angekommen, hat aber noch nicht die Breite gefunden, die es finden könnte. Da haben wir uns gefragt: Wo setzt man am besten an, um den nächsten Expansionsschritt für die Idee und die E-Learning-Branche zu ermöglichen? Den Kontext der Zukunft Personal sehen wir als gute Möglichkeit. Bei dieser Kongressmesse informieren sich immerhin 12.000 Personaler im weitesten Sinne – von denen viele nur eine geringe Affinität zum E-Learning haben, jedoch in Zukunft ein großes Interesse entwickeln werden.

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