Weiterbildungsverbände nehmen zum Konjunkturpaket Stellung

„Die Soloselbstständigen werden beim Konjunkturpaket übergangen“. Mit dieser Botschaft meldete sich der Verband der Gründer und Selbstständigen e.V. (VGSD) Anfang Juni. Gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) startete er eine Bundestagspetition zur Fortführung der Soforthilfen und notwendigen mittelfristigen Maßnahmen. managerSeminare hat die Petition zum Anlass genommen, bei den Weiterbildungsverbänden nachzufragen: Was halten sie von dem Konjunkturpaket, wie geht es ihren Mitgliedern, und wie unterstützen sie sie?

Stellungnahme vom Vorstand des dvct e.V.:

Als größter Fachverband für Coachs und Trainerinnen im deutschsprachigen Raum bedauert der dvct mit seinen annähernd 1.600 Mitgliedern, dass das Konjunkturprogramm der Bundesregierung neben vielen richtigen und begrüßenswerten Maßnahmen zwei Webfehler enthält: Das Programm verkennt die schwierige Lage der Solo-Selbständigen und Kleinunternehmen, die auch bei geringen Betriebskosten durch gravierende Umsatzeinbußen in ihrer Existenz gefährdet sind. Zudem übersieht es den Bedarf und die Notwendigkeit für deutsche Unternehmen, sich mit Hilfe von Coachs, Trainerinnen und Beratern an neue Ausgangslagen und neue Normalitäten anzupassen. Wenn ein Konjunkturprogramm auf Nachhaltigkeit, Innovationsförderung und Effizienz ausgerichtet sein soll, müssten Initiativen für betriebliches Lernen, Changemanagement und Wandel der Unternehmenskultur ganz oben auf der Agenda stehen. Nur so können die Unternehmen schnell und angemessen auf die Herausforderungen durch Digitalisierung, Wirtschaftskrise und neue Geschäftsprozesse reagieren. Das Konjunkturprogramm schmälert die Wirkung von Coaching und Training als Impulsgeber und Begleiter für Neuausrichtungen.

Die Folgen von COVID-19 sind für nahezu alle Mitglieder des dvct spürbar – in der inhaltlichen Arbeit wie in der wirtschaftlichen Situation. Viele haben schnell reagiert und können ihren Kunden mit digitalen Tools und neuen Konzepten wichtige Unterstützung bieten. Der dvct e.V. unterstützt seine Mitglieder mit einer Reihe von Webinaren und Infopaketen. Bereits am 23. März erhielten die dvct-Mitglieder in Webinaren Rat und Auskunft von Expertinnen und Experten zu Rechts-, Technik- und Strategiefragen. Das Webinar-Angebot wird weiter fortgesetzt. Per Online-Webinar erhalten Coachs und Trainerinnen Tipps und Anregungen, wie sie geplante Präsenz-Trainings- und -Coachings adäquat und professionell in Online-Angebote umwandeln können. Eine spezielle Technik-Sprechstunde gibt individuelle Starthilfe für die Durchführung von Online-Seminaren in virtuellen Klassenräumen, wie Zoom oder Edudip. Besonders gefragt war die Online-Sprechstunde mit einem Rechtsexperten, der Soforthilfe für den Umgang mit Stornierungen und der Gestaltung von Neuverträgen im Zeichen von Covid-19 gegeben hat. Neben Webinaren zur schnellen Krisenbewältigung bietet das Programm des dvct auch Hilfestellung, um das eigene Coaching- und Trainingsangebot in der Krise und darüber hinaus bestmöglich zu vermarkten – zum Beispiel durch Anpassung und Optimierung der eigenen Website. Der dvct empfiehlt seinen Mitgliedern die Unterzeichnung der Petition des VGSD.

Statement des Vorstands des Deutschen Bundesverbandes Coaching e.V.:

Die Mehrheit unserer Coachs und Coaching-Experten im Verband sind direkt oder indirekt von den Auswirkungen der Pandemie betroffen – egal ob als (Solo-)Selbstständige, als Unternehmer oder als Angestellte. Alle mussten in den vergangenen Wochen und Monaten weiterdenken und zügig Veränderungen annehmen und umsetzen. Aber das ist auch die Stärke und Eigenschaft unseres professionellen Daseins: Veränderung ist das Kerngeschäft von Coaching. Es wäre ein Fehler, nach mehreren Monaten der Krise allein auf die aktuellen Unterstützungsangebote der Bundesregierung zu setzen. Dass das Konjunkturpaket der Bundesregierung keine konkreten Unterstützungsmaßnahmen für Soloselbstständige und die Weiterbildungsbranche beinhaltet, ist bedauerlich, jedoch nicht überraschend. Das Paket verzichtet weitestgehend auf Sonderregelungen für spezielle Branchen oder Unterstützung für konkrete Krisenkonstellationen. Die Überbrückungshilfen für Unternehmen als Zuwendungen (und nicht als Kredite) sind begrüßenswert – und auch für einige unserer Mitglieder wichtig. Ob deren zeitliche Schiene jedoch bis August ausreichend ist, ist fraglich. Und die Senkung der Mehrwertsteuersätze wird nur sehr bedingt eine Durchschlagkraft in der Coaching-Branche haben und löst unter Selbstständigen und Unternehmern der Branche mehr Kosten- und Arbeitsaufwand aus als dass ein konjunktureller Nutzen absehbar ist.

Für die Coaching-Branche und unsere Mitglieder bringt die Krise die Chance mit sich, uns schneller, tiefgreifender und umfangreicher digital umzustellen als vielleicht bisher gedacht. Allerdings: Online, Digital, Remote sind keine neue Themen auf dem Coaching-Markt. Und allen menschlichen Beharrungstendenzen zum Trotz passiert hier nun die eigentliche unumgängliche und beschleunigte Entwicklung – unabhängig vom Konjunkturpaket.

Vor diesem Hintergrund hat der DBVC e.V. mit Beginn der Krise im März konkrete Angebote ins Leben gerufen, die zum einen auf Befähigung im digitalen Bereich setzen und zum anderen Anstoß geben für gegenseitige Unterstützung unter den Mitgliedern. Dafür stellen wir unseren Mitgliedern kostenfrei einen Kanal für Videokonferenzen zur Verfügung und koordinieren aktuell Webinare, E-Dialoge, digitale Workshops, etc. für Mitglieder – mit dem Know-how von Mitgliedern in allen fachlichen und technischen Themenbereichen. Darüber hinaus arbeiten inzwischen über 60 Mitglieder als pro bono Coaches und bieten Führungskräften, Geschäftsführern, Freiberuflichen, Solo-Selbständigen und Privatpersonen, die sich durch die aktuelle Krise herausgefordert fühlen, eine kostenfreie Coaching-Sitzung via Telefon oder Videokonferenz an. Professionelles Coaching mit Win-Win-Charakter: Beanspruchte Personen können einen ersten kostenfreien Coachingtermin unverbindlich wahrnehmen. Abhängig von Situation, Bedarf und Interesse des Klienten kann das Coaching hier schon beendet sein oder aber es könnten sich weitere – auch kostenpflichtige – Sitzungen anschließen. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus positiv zu bewerten, dass das Konjunkturpaket auch digitale Ausrüstung beinhaltet. Jedoch sollte die Corona-Krise für diese Entwicklung kein Grund sein, aber so doch aktuell offensichtlich ein Beschleuniger.

Stellungnahme der International Coaching Federation Deutschland e.V.

Die ICF Deutschland vereint als Verband Coaches in unterschiedlichen Rollen unter ihrem Dach: Selbständige Einzelunternehmer genauso wie Coachs aus Coachingunternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern und unternehmensinterne Coachs. Gerade für soloselbständige Coachs ist die Lage sehr schwierig, die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen können sie nicht beantragen. Generell ist es für Coachs im Moment ausgesprochen schwierig, ihren Job auszuüben: Nicht nur, dass viele Firmen das Betreten des Geländes durch Externe untersagt haben, Gruppencoachings und Workshops nicht möglich sind und 1:1 Treffen kaum stattfinden, auch die Ausgaben für Coaching und Weiterbildung waren und sind bei den Klienten unserer Coaches oft das erste, was in der Krise gestrichen wird, somit ist die Auftragslage oft prekär.

Die ICF beobachtet hier die Entwicklung genau und unterstützt die betroffenen Mitglieder durch regelmäßigen Austausch und aktuelle Informationen. Zusätzlich hat die ICF Deutschland Ende März 2020 das Pro-Bono-Programm „Coaches4Coaches“ ins Leben gerufen, um Coach-Kollegen und Kolleginnen in Nöten kollegial zur Seite zu stehen. Auch die internationale Homepage der ICF bietet einen eigenen Bereich für Coachs in COVID-19 Zeiten mit Informationen zu Hygiene und Wohlbefinden, Ideen für die eigene Coaching-Praxis, Ressourcen zur Unterstützung der Klienten und vielem mehr. Trotz all unserer Besorgnis angesichts der Probleme, vor die unsere Mitglieder gestellt sind, ist der Zweck der ICF weniger die Interessenvertretung der Coachs, sondern primär die Förderung von qualitativ hochwertigem und ethisch sauberem Coaching.

Stellungnahme der German Speakers Association e.V.

Als führender Berufsverband für professionelle Redner, Trainer und Coachs im deutschsprachigen Raum sind wir der Ansicht, dass das neue Konjunkturpaket der Bundesregierung mit den geplanten Überbrückungshilfen zumindest deutlich realitätsgerechter ist als die bisher gezahlten Soforthilfen. Die Akteure der Weiterbildungsbranche sind größtenteils Soloselbstständige und Kleinstunternehmen, denen mit einer Zahlung zum Betriebskostenausgleich nicht geholfen ist, wenn gleichzeitig massive Umsatzeinbußen die Existenz bedrohen.

Die Folgen von COVID-19 sind für alle unsere rund 800 Mitglieder spürbar. Durch den Shutdown und die Absage von Präsenzveranstaltungen sind Speakern, Trainern und Coachs bis zu 100 Prozent ihrer Aufträge weggebrochen. Dabei hat die Krise nicht nur einen Einfluss auf die wirtschaftliche Lage unserer Mitglieder, sondern auch auf ihre inhaltliche Arbeit sowie die bisher genutzten Formate. Viele haben sogar hohe Summen investiert, um ihr Business nicht nur inhaltlich, sondern auch technisch onlinefähig zu gestalten und sind auch thematisch in Richtung Krisenbewältigung umgeschwenkt, um ihren Kunden so bestmögliche Unterstützung bieten zu können. Vor allem technisch basierte Themen sind gefragt, erfordern aber eigene, professionell ausgestattete Studios, die im Falle einer Rückkehr zu Präsenzvorträgen nur schwach ausgelastet sein können. Neben dem Liquiditätsengpass kann der Shutdown also auch zu Investitionen führen, die sich als Fehlinvestitionen erweisen könnten.

Die German Speakers Association e.V. unterstützt ihre Mitglieder mit verschiedenen Online-Foren und Austauschformaten. Dazu zählt unter anderem ein wöchentliches Zoom-Meeting zu wechselnden thematischen Schwerpunkten sowie eine exklusive Membergruppe auf Facebook, in der die Mitglieder miteinander in Kontakt treten und sich vor allem in technischen, kunden- sowie vortragsbezogenen Aspekten des Remote Speakings weiterbilden und gegenseitig unterstützen. Darüber hinaus haben wir als Sofortmaßnahme bis voraussichtlich Ende Juli alle Mahnroutinen gestoppt, um Mitgliedern bei Liquiditätsproblemen etwas Erleichterung zu verschaffen. Die Unterstützung wird von unseren Mitgliedern sehr positiv angenommen, die Online-Maßnahmen verzeichnen Rekordbeteiligungen, und auch die Mitgliederzahl hat sich trotz Krise leicht erhöht.

Stellungnahme des BDVT - Der Berufsverband für Training, Beratung und Coaching e.V.

Die Branche der Trainerinnen, Berater und Coachs ist stark! Allerdings ist es eine sehr herausfordernde Zeit. Einige haben die Situation in den vergangenen Wochen genutzt, um ihre Geschäftsmodelle zukunftssicher weiterzuentwickeln. Erfolgreiche Kollegen und Kolleginnen haben in den vergangenen Jahren finanzielle Polster aufgebaut, die nun dafür sorgen, dass die Existenz zunächst gesichert ist. Es werden – in enger Partnerschaft mit den Kunden – attraktive Angebote entwickelt, vermarktet und umgesetzt. Wenn es gelingt, nicht nur analoge Inhalte in digitale Hüllen zu packen, ist dies ein Erfolgsmodell. Jetzt zeigt sich, wer wie gut mit Veränderungen umgehen kann.

Als Berufsverband vertreten wir einen Querschnitt der Branche. Die über 700 Mitglieder unseres Verbandes haben unterschiedliche Erfahrungshorizonte. So gibt es auch Kollegen und Kolleginnen, die sich erst vor kurzer Zeit selbständig gemacht haben. Diese warten noch vergeblich auf Hilfen, die den Kühlschrank füllen. Denn dafür sind weder die bisherigen Soforthilfen noch die neuen Überbrückungshilfen des Bundes glaubwürdig geeignet. Mit wenigen Ausnahmen (Bayern und Baden-Württemberg) dürfen die Hilfsmittel überhaupt nicht für die Lebenshaltung genutzt werden. So sehen wir die positiven Ansätze im neuen Konjunkturpaket der Bundesregierung, fürchten aber, dass es vielen Kollegen nur sehr eingeschränkt für die Lebenshaltung weiterhilft.

In einem Markt, dessen Wahrheit geprägt ist von Soloselbstständigen und Kleinunternehmern, kommen wesentliche Teile der Unterstützungsleistungen nicht an. Schon früh haben wir mit einer Petition (über 8100 Zeichner und Zeichnerinnen) auf die Thematik aufmerksam gemacht. In einem Austausch mit Bundes- und Landtagsabgeordneten der Grünen wurden Lösungsansätze entwickelt und unsererseits an den Wirtschaftsausschuss des Bundestages weitergeleitet. Die von einigen Kollegen und Kolleginnen angebotenen BAFA-Beratungen sind inzwischen ausgesetzt. Fördermitteln von 15 Millionen EUR standen Anträge von deutlich über 130 Millionen EUR gegenüber. Leider wurde erst viel zu spät darauf hingewiesen, dass die Mittel auch finanziell – und nicht nur zeitlich – limitiert waren. Die offenen Anträge bleiben unerledigt liegen.

Aktuell sind rund 90 Prozent unserer Mitglieder von deutlichen bis sehr deutlichen Umsatzeinbrüchen betroffen. Das wird unweigerlich nachhaltig zu einer Marktbereinigung auf der Anbieterseite führen. Eine zusätzliche Herausforderung ist der Versuch vieler Unternehmen, die Live Online-Trainings zu einem günstigeren Preis zu erhalten. Das halten wir für einen riskanten Angriff. Die trainerische Leistung und Qualität hat sich durch den medialen Wechsel ja nicht verringert, und langfristig betrachtet ist es unrealistisch, von dem Tiefpreis wieder auf ein qualitativ adäquates Honorarniveau zu transferieren. Insofern steht der BDVT e.V. weiterhin für Qualität – und für angemessene Honorare.

Neben unserer eigenen Petition haben wir unseren Mitgliedern auch die aktuelle Petition von VGSD e.V. und BAGSV zur Zeichnung empfohlen. Insgesamt unterstützen wir unsere Mitglieder, indem wir sie von innen stark machen. Durch kollegiale Lernangebote, Expertentalks, Austauschrunden und viele Informationen. Ergänzend engagieren wir uns politisch für unsere Kolleginnen und Kollegen und die Branche. Auch praktische Hilfestellungen sind dabei: So bieten wir Trainerinnen, Beratern und Coache aktuell eine Qualifizierung für die pandemiegerechte Umsetzung von Maßnahmen vor Ort an.

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Die aktuelle Petition findet sich hier und kann noch bis zum 25. Juni gezeichnet werden.





16.06.2020
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