Otto Scharmer

„Mit der Theorie U den disruptiven Wandel bewältigen“

Der Leonardo European Corporate Learning Award zeichnet Projekte und Konzepte aus, die vorbildliche Ansätze zur Bewältigung zukünftiger Bildungsherausforderungen bieten. In diesem Jahr wurde Prof. Dr. Otto Scharmer, der Entwickler der Führungsmethode „Theorie U“, ausgezeichnet. Der MIT-Professor nahm den Award im Rahmen eines international besetzten Transfermeetings am 19. September 2016 in Bonn entgegen.

Kamera: Oliver Hartmann, Siegburg.




Ein Beitrag von Sylvia Lipkowski

Sie hat viele begeisterte Anhänger, vielen gilt sie aber auch als sperrig, als esoterisch gar: Die Theorie U von Wirtschaftswissenschaftler Dr. C. Otto Scharmer ist zweifellos keine einfache Kost. Denn die Führungsmethode liefert nicht einfach eine Anleitung für eine bessere Mitarbeiterführung. Sie fordert die ganze Person einer Führungskraft: Wer sie nutzt, muss sich selbst hinterfragen, sich immer wieder öffnen für neue Impulse, Meinungen, Menschen und vor allem sich auf neue – intuitivere – Wege der Wahrnehmung einlassen.

Gerade deshalb aber hielt die Jury des Europäischen Bildungspreises Leonardo Scharmers Arbeit für auszeichnungswürdig. Sie ehrte den deutschen Ökonomen, der seit rund 20 Jahren am Massachusetts Institute für Technology (MIT) forscht und lehrt, in der Kategorie „Thought Leadership“, weil er dazu herausfordert, gewohnte Denkwege zu verlassen: „Dieser Ansatz ist keine originelle neue Methode, sondern basiert auf einer profunden ganzheitlichen Analyse der Unstimmigkeiten in unserer Welt und der Herausforderungen, vor die sie uns stellen.“ Mit der Theorie U, so die Jury, liefert Scharmer dazu die dringend notwendige Orientierung auf dem Weg in die Zukunft in Form eines Führungskonzepts, das ermöglicht statt zu bestimmen.

Neben Vordenker Scharmer wurden zwei weitere Projekte ausgezeichnet: In der Kategorie „Crossing Borders“ wurden die schwedischen Gründer der Gapminder-Stiftung Prof. Dr. Hans Rosling, Ola Rosling und Anna Rosling Rönnlund geehrt. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, durch eine grafisch überzeugende Aufbereitung vorhandener Daten weltweit Fehlinformationen zu beseitigen und so Vorurteile und Ängste abzubauen. Den Nachwuchspreis „Young Leonardo Award“ erhielten Vincent Zimmer und Markus Kreßler für ihre Gründung der Online-Universität Kiron Open Higher Education, die kostenfreie Bildung insbesondere für Flüchtlinge anbietet.

Vor der feierlichen Verleihung der Preise am Abend nahmen alle Preisträger auch an dem ganztägigen Transfermeeting teil, das 2016 unter dem Motto „Ignorance and Industry 4.0: A challenge for corporate learning“ stand. In einer Art „Brainstorming für eine bessere Welt“ diskutierten sie hier mit Wissenschaftlern, Bildungsexperten, Vertretern von EU und UNESCO, Führungskräften, Beratern und Corporate-Learning-Praktikern. Ebenso breit wie die internationale Beteiligung war die Bandbreite der Themen, die an den World-Café-Tischen bearbeitet wurde: Es ging um die Unterscheidung zwischen Ignoranz und Nichtwissen, um die Rolle der Medien und die Aufgabe von Führungskräften, aber auch den Brexit, sterbende Spinnen und das fehlende Verständnis zwischen Wissenschaft und Business.

Laudator für Scharmer war der Neurobiologe und Bildungsforscher Gerald Hüther. Er würdigte die Arbeit des Preisträges als zukunftsweisend: „Um im 21. Jahrhundert Erfolg zu haben, müssen wir lernen, zusammen und voneinander zu lernen. Und diese Co-Kreativität zu ermöglichen – das ist das zentrale Anliegen von Otto Scharmer und seiner Theorie U.“ Auch sah er die Arbeit von Scharmer durch die neuesten Erkenntnisse der Neurobiologie bestätigt. „Es ist nicht das Gehirn, das der Öffnung des Denkens Grenzen setzt“, betonte der Hirnforscher mit Verweis auf die Entdeckung der Neuroplastizität. Das Gehirn nämlich, so die Aussage dieses Konzepts, ist beständig formbar und wächst an seinen Erfahrungen. Und wir sind es, die dem Gehirn diese Erfahrungen zuführen – entweder unbewusst oder eben im Gegenteil ganz bewusst, durch die von der Theorie U geforderte Öffnung des Herzens und der Öffnung des Willens.

23.09.2016
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