Führen lernen im Weinberg

Ungewöhnliche Umfelder, in denen sich Führung lernen lässt, gibt es reichlich: Die einen lassen Führungskräfte Pferde führen, die anderen Wölfe beobachten, wieder andere steigen in den Boxring oder erklimmen Gipfel. Jetzt gibt es noch eine neue Idee: Führen lernen im Weinberg. Der Rebschnitt als praktisch erlebbares Modell, Entscheidungen zu fällen: nach Qualität oder Quantität, Sicherheit oder Risiko... . Barbara Becker mit Erklärungen zu ihrer “Schnittpunktschule”.

Frau Becker, inwiefern lässt sich der Rebschnitt auf den Führungsalltag übertragen?

Barbara Becker: Die Herangehensweise ist die gleiche, ob ich Reben schneide oder ein Unternehmen bzw. Team führe. Beim Rebschnitt gibt es dafür klare Regeln, trotzdem muss ich immer wieder neu überlegen. Die Führungskräfte erleben diese Herausforderungen sehr direkt am Modell Rebschnitt und können Schlussfolgerungen für ihre Führungstätigkeit daraus ableiten.

Nennen Sie doch mal ein paar Beispiele für die Übertragung vom Rebschnitt in die Führungspraxis.

Becker: Gerne. Erstens: Beim Rebschnitt muss ich klare Ziele festlegen. Die Teilnehmer erleben sehr direkt: Wenn ich den richtigen Schnitt setzen will, muss ich vorab klare Ansagen haben, wo es mit dem Weinberg hingehen soll. Das verdeutlicht die Bedeutung von Zielen – und deren Transparenz für alle im Unternehmen Beteiligten. Zweitens: Beim Rebschnitt muss ich mich für etwas entscheiden, nämlich für die Tragrebe. Bei dieser Regel rauchen die Köpfe am meisten. Viele Menschen entscheiden sich gerne und häufig gegen etwas. Das führt im Weinberg nicht weiter. Drittens: Zentral ist die Frage: Wie nutze ich die vorhandenen Ressourcen am Besten? Hier die Reben, der Boden, das Kleinklima, dort die Mitarbeitenden, die Netzwerke, die Infrastruktur. Viertens: Belaste starke Reben, schone schwache. Hier werden Führungskräfte oft ganz still. Wie stark kann oder will ich ein System, einen Mitarbeiter, eine Gruppe belasten? Fünftens: Welche Rahmenbedingungen kann ich (als Winzerin, als Führungskraft) schaffen, damit die Reben, die Mitarbeitenden bestmögliche Leistung erbringen können? Der Rebschnitt ist kein Modell für Führung als Verhaltenssteuerung (= Ich definiere das erwünschte Verhalten von Mitarbeitenden und Gruppen), sondern als Kontextsteuerung (= Ich definiere die Rahmenbedingungen). Das ist für viele ein „Aha-Erlebnis“.

Sie arbeiten viel im Bildungs- und Sozialbereich. Wie verhält man sich da als Führungskraft richtig?

Becker: Führungskräfte im Bildungs- und Sozialbereich müssen heute viel mehr von Betriebswirtschaft und Marketing verstehen als früher. Die Mitarbeitenden und auch Kunden einer Bildungs- oder Sozialeinrichtung wollen und müssen in wichtige Prozesse einbezogen werden. Da brauchen Führungskräfte andere Methoden als sie heute oft anwenden. Ein richtiges Verhalten im Sinne eines Leitfadens „Die 10 goldenen Regeln“ habe ich allerdings nicht. Ich bin Anhängerin der Evolutionären Führungstheorie: Führung entwickelt sich im Zusammenwirken der beteiligten Personen.

Die nächste “Schnittpunktschule” findet vom 17. bis 18. November 2011 in Wiesenbronn statt. Kostenpunkt, inklusive Übernachtung: zwischen 369 EUR und 386,50 EUR. Weitere Infos gibt es hier.

Fotos: medienmenschen gmbh, München
09.11.2011
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