Wie gehe ich mit einem extremen Persönlichkeitsstil um?

Wie gehe ich mit einem extremen Persönlichkeitsstil um?

Das Coching-Ziel Ihres Klienten ist völlig klar und für ihn erstrebenswert. Sie kennen viele passende und bewährte Methoden, um ihm zu helfen, sein Ziel zu erreichen. Und doch ... jede einzelne Methode, die sonst gut funktioniert, bringt dieses Mal nicht weiter. Expertin Bettina Hafner erklärt in diesem Interview, was dahinter steckt:

  • extrem ausgeprägt sind
  • und sich gleichzeitig als unflexibel und starr erweisen. (Sie treten auch dann auf, wenn sie unangemessen und wenig hilfreich sind.)

Die Coach Bettina Hafner hat zusammen mit der Psychologin Gudula Ritz hierzu eine fundierte und zugleich sehr praxisbezogene Hilfestellung geschrieben, in Zusammenarbeit mit Expertinnen aus den relevanten Fachbereichen. Wir haben ihr einige grundlegende Fragen zu ihrem Thema gestellt:



Liebe Frau Hafner, müssen Coachs denn überhaupt damit rechnen, dass Menschen mit extremem Persönlichkeitsstil auch in ihrer Praxis auftauchen?

Ja, das müssen sie auf jeden Fall. Wir alle zeichnen uns durch bestimmte Persönlichkeitsstile aus – mal sind sie stärker, mal schwächer ausgeprägt. Schon wenn wir unter Stress geraten, kann sich ein Persönlichkeitsstil deutlicher zeigen und womöglich auch für unseren Alltag hinderlich sein. Insofern ist es auch für Coachs von großem Nutzen, über Persönlichkeitsstile Bescheid zu wissen und starke Ausprägungen bei Klienten richtig einordnen zu können. So sind Coachs einfach sehr viel wirksamer für ihre Klientinnen und Klienten. Aus meiner Sicht geht es darum, das Sichtfeld als Coach zu weiten und den Aspekt der Persönlichkeit in die Beratung mit einzubeziehen.

Woran könnte man als Coach merken, dass man es bei einem Klienten eventuell mit einem extremen Stil zu tun hat?

Wir stellen als Coachs meist fest, dass Methoden, die üblicherweise gut funktionieren, nicht zu gewohnten Veränderungen führen. Und dann sind wir schnell dabei zu denken: „Der Klient will nicht …', oder wir beziehen die Situation auf uns und denken: „Ich habe die Methoden wohl nicht gut erklärt, da muss ich noch mehr machen“. Für Klienten mit einem ausgeprägten Persönlichkeitsstil sind Veränderungen viel schwerer zu erreichen – und zwar nicht, weil sie nicht wollen, sondern weil sie nicht können.

Wir können im Coaching nur in kleinen Schritten arbeiten und im besten Fall soweit Klärungen herbeiführen, dass die Klienten eine Therapie ins Auge fassen, sollte sich ein Bedarf zeigen. Wir müssen viel langsamer und viel geduldiger arbeiten.

Kann ich mit solchen Klienten so arbeiten, wie ich es gewohnt bin?

Ja und nein. Natürlich kann man mit Klienten mit ausgeprägten Persönlichkeitsstilen viele Coachingmethoden nutzen, die man in seinem Repertoire führt. Und natürlich kann man mit ihnen auch an Aufträgen arbeiten und die dort festgehaltenen Ziele erreichen. Es hängt sicher von der Ausprägung des Stils ab. Ich muss nur andererseits damit rechnen, dass ich nicht so glatt vorwärts komme oder dass mich das Gegenüber in meiner Rolle anders fordert.

Wenn es mir als Coach gelingt, dem Klienten eine Idee von der Dysfunktionalität seines Verhaltens oder Denkens zu geben, habe ich schon viel erreicht und womöglich sehr wichtige Veränderungen angestoßen. Man könnte es auf den Punkt bringen: Coaching ist möglich trotz eines ausgeprägten Persönlichkeitsstils, aber es ist sicherlich ein steinigerer Weg.

Was ist Ihr wichtigster Tipp, wenn man den Verdacht bekommt, es bei einem Klienten mit einem „extremen Persönlichkeitsstil“ zu tun zu haben?

Mein Tipp wäre, sich dann entweder bei seinem Supervisor Rat zu holen, um welchen Stil es sich handelt oder sich zu belesen, was diesen Stil genau ausmacht. Jeder Klient hat diesen Stil aus bestimmten Gründen entwickelt – als systemische Coach gehe ich davon aus, dass der Persönlichkeitsstil im System der Klientin oder des Klienten Sinn macht oder machte. Die mit diesem Stil verbundenen Denk- und Verhaltensmuster hatten eine Funktion in der Familie, in der Schule, im sozialen Umfeld. Und wenn ich das weiß und verstehe, kann ich anders damit umgehen. Ich muss dann sehr genau auf meine Rolle als Coach achten und darf in bestimmte Fallen nicht tappen. Unser Buch hält dafür viele praktische Tipps bereit.



Mehr Infos über das Buch: 'Irgendwie seltsam ...! Über den Umgang im Coaching mit extremen Persönlichkeiten'. Mit der Expertise aus Systemischem Coaching, Tiefenpsychologie, Psychotherapie, Verhaltenstherapie, persönlichkeitsorientierter Beratung, Systemischer Therapie und psychosomatischer Medizin. Geschrieben von Bettina Hafner und Gudula Ritz, unter Mitarbeit von Margarete Röd, Judith Bahmer und Stephan Pflaum.

Ein Leserfazit von Dr. S. Löhken auf Amazon: Zugrunde liegt diesem Buch (...) eine tiefe Wertschätzung und Akzeptanz für Menschen in all ihren Erscheinungsformen. Ein Coaching kann nur dann gelingen, wenn es auf die Persönlichkeit des oder der Coachee zugeschnitten wird. Das erfordert neben einem soliden Fachwissen den Zugriff auf ein breites Repertoire an Interventionen, das Wissen um (auch eigene!) Grenzen – und die Menschenliebe, die uns auch gegen den Wind innerhalb vernünftiger Grenzen in der Begleitung bleiben lässt.
TK-Tipp vom 22.08.2020

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