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Prozessfotografie: Das dritte Auge

Veranstaltungen zu bebildern ist nicht das Ziel von Marcus Püttmann. Als Prozessfotograf will er vielmehr Impulse geben und Kommunikationsprozesse anstoßen und so Trainer und Berater bei ihrer Arbeit unterstützen. Die Idee kam Markus Püttmann, als er anfing, auf Hochzeitsfeiern zu fotografieren. Denn die Bilder des Fotografen aus Kelkheim zeigten viel mehr, als sie abbildeten: Zu sehen waren etwa nicht nur die verschiedenen Gäste. Erkennbar war offenbar auch, ob sie mit Begeisterung gekommen waren – oder aus Höflichkeit. Diesen bildhaften Mehrwert seiner Fotos nutzt der ausgebildete Trainer und Facilitator seit Kurzem nun auch im Business-Kontext: Als Prozessfotograf begleitet er Trainings, Veranstaltungen und andere Gruppenprozesse auf der Suche nach nützlichen Zusatzinformationen.
 
Unsichtbares abbilden
 

Denn auch dort, ist Püttmann sicher, lassen sich unausgesprochene Wahrheiten über die Fotos entdecken: die Qualität von Beziehungen ebenso wie problematische Strukturen oder versteckte Hierachien. Manche werden auf den Bildern von selbst offenbar, andere lassen sich vom Betrachter nur erahnen. Deshalb setzt der Prozessfotograf für seinen Ansatz nicht nur seine Kamera ein, sondern auch seine Moderationskompetenz: Sein Konzept umfasst neben dem Fotografieren in der Regel auch eine moderierte Betrachtung der Bilder. Indem er dabei mit den Teilnehmern Assoziationen entwickelt und weiterspinnt, will Facilitator Püttmann einen Gruppenprozess anstoßen. 'Die Fotos sind nur ein Einstieg, ein Türöffner für ein Gespräch', erklärt der Fotograf. In seiner Intervention übernimmt er deshalb kurzfristig die Rolle des Trainers oder Beraters, ersetzen will er sie allerdings nicht. Püttmann will seine Kollegen vielmehr als 'drittes Auge' unterstützen.

Beispiel: Fotografierte Erwartungen

Als unbeteiligter Beobachter nämlich kann er durchaus auch mal unerwartete Themen entdecken und auf den Tisch bringen. Bei einer Firmenveranstaltung etwa ließen die Fotos vermuten, dass die Veranstaltungsdramaturgie den Erwartungen der Teilnehmer widersprach: Die zum Einstieg angesetzte Gruppenarbeit wurde nur zögerlich umgesetzt, statt an den Arbeitstischen standen viele Teilnehmer eher in Zweier- oder Dreiergruppen zusammen. 'Die wollten sich austauschen – und nicht gleich produktiv werden', deutet Püttmann sein Foto, das er mit sehr langer Belichtungszeit aufnahm, um die Bewegungsmuster im Raum zu verdeutlichen.

Assoziation und Dokumentation

Solche unterschwelligen Themen kommen in der Regel erst bei der Durchsicht der fertigen Bilder zutage. Püttmann, der intuitiv fotografiert, bestimmt deshalb auch erst mit der Auswahl der Fotos die Stoßrichtung seiner Intervention. Wohin sie führt, bleibt allerdings bis zum Schluss spannend. Deshalb unterscheidet sich Prozessfotografie auch nicht grundlegend von anderen assoziativen Ansätzen. 'Man könnte auch mit Postkarten arbeiten, aber ich bin eher für frische Ware', schmunzelt Püttmann. Denn die ist sehr viel näher dran an den Betroffenen. Zudem bleiben die Fotos den Teilnehmern erhalten: als Dokumentation etwa oder als Ausstellung in der Firma.

Autor(en): (Sylvia Lipkowski)
Quelle: Training aktuell 05/10, Mai 2010
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