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Persönlichkeitsdiagnose mit dem Ich-Entwicklungs-Profil

Der berufliche Erfolg einer Person hängt nicht nur von ihren persönlichen Eigenschaften ab, sondern wird ebenso sehr von der Reife ihrer Persönlichkeit beeinflusst. Um sie zu messen, hat Thomas Binder das Ich-Entwicklungs-Profil entwickelt.

Unreifes Verhalten wirft man vor allem Kindern gern vor: nämlich dann, wenn sie sich nicht so benehmen, wie es in ihrer Altersgruppe üblich ist. Bei Erwachsenen bezeichnet man ein ähnliches Missverhalten dann gern mal als kindisch. Die Reife ihrer Persönlichkeit wird in der Regel jedoch nicht mehr hinterfragt. Dabei ist die Entwicklung einer Persönlichkeit mit dem Ende der Kindheit noch lange nicht vorbei. Entwicklungspsychologen wie Jane Loevinger und Robert Kegan haben schon in den siebziger Jahren Stufen der erwachsenen Persönlichkeitsentwicklung erforscht. Auf Basis ihrer Arbeiten und den Forschungen des Psychologen Jean Piaget hat Thomas Binder deshalb das Ich-Entwicklungs-Profil (I-E-Profil) erarbeitet, das er seit zwei Jahren in der Management-Diagnostik und im Coaching einsetzt.

Die Grundidee: Persönlichkeit ist dynamisch

Auf dem Weg zu einer Persönlichkeit mit mehr Reife unterscheidet der Berliner Psychologe und Supervisor in seinem Modell zehn Stufen (E1 bis E10). Jeder dieser Stufen liegt eine innere Struktur zugrunde, die die Handlungslogik – also das Verhalten – einer entsprechend entwickelten Person bestimmt. Diese innere Logik eines Menschen zu erkennen ist notwendig, um seine Fähigkeiten einschätzen zu können, ist Binder überzeugt: 'Nur dann versteht man, was einer Person möglich ist, und was noch nicht.' Sein I-E-Profil misst deshalb den aktuellen Entwicklungsstand einer Person, und nicht ihre weitgehend stabilen persönlichen Eigenschaften, wie dies herkömmliche Persönlichkeitstests in der Regel tun.

Beispiel: Umgang mit Feedback

Dass dies ein zentraler Unterschied ist, illustriert Binder am Beispiel Feedback: 'Ob jemand nachvollziehen kann, was ihm gesagt wird, und es dann auch an sich heranlassen kann, ist ein Aspekt seiner Reife.' Ein Manager kann demnach zwar im Seminar lernen, professionell mit Rückmeldungen umzugehen. Inwiefern er das Gelernte im Alltag integriert, hängt laut Binder jedoch von seiner Entwickungsstufe ab. 'Menschen auf Stufe E5 sind noch sehr stark von der Meinung anderer geprägt und können sich schwer von sich selbst distanzieren', so der Berliner. Diese Tatsache bestimmt ihre innere Handlungslogik und hat deshalb nicht nur Auswirkungen auf ihre Kritikfähigkeit, sondern z.B. auch darauf, wie sie Entscheidungen treffen oder mit Ambivalenzen umgehen. Umso erstaunlicher ist es, dass sich Binders Erfahrung nach die meisten Manager auf dieser oder maximal der nächsthöheren Ebene befinden. 

Der Test: So wird die Reife gemessen

Messen lässt sich der Entwicklungsstand mittels eines Tests, in dem die Probanden keine Fragen beantworten, sondern unverfängliche Satzanfänge vervollständigen müssen. 'Dabei projizieren sie unbewusst ihr Denken auf das vorgegebene Material', erklärt Binder. Eine bewusste Beeinflussung der Ergebnisse hält er für ausgeschlossen. In einem anschließenden Scoring, das Binders Firma Systemics Consulting Group, Berlin, ausführt, werden die Antworten ausgewertet und die Resultate zu einem rund 20-seitigen Profil zusammengestellt. Dieses Profil erhält der Teilnehmer im Rahmen eines Auswertungsgesprächs, in dem auch weitere Maßnahmen geplant werden können – beispielsweise ein maßgeschneidertes Coaching.

Der Nutzen: Reife Persönlichkeiten sind bessere Führungskräfte

Anhand des Profils können, so Binder, erfahrene Coachs ableiten, wo Förderung ansetzen muss, um eine Entwicklung hin zur nächsten Stufe in Gang zu bringen. Das lohnt sich gerade bei Führungskräften, ist sich der Berliner Psychologe sicher: 'Bei Managern auf einer späteren Entwicklungsstufe ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie in ihrem Job erfolgreich sind, deutlich größer.'

Am 2. Juli 2009 startet der erste Zertifizierungsworkshop für Trainer, die das Ich-Entwicklungs-Profil selbst einsetzen wollen.

Autor(en): (Sylvia Lipkowski)
Quelle: Training aktuell 06/09, Juni 2009
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