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Stereotypen-Forschung

Verdammt zum Weiblichsein

Wenn die Medien Topma­nagerinnen porträtieren, kommen dabei meist zwei konträre Typen heraus: die 'Businessfrau', die durch ein den Männern allzu angepasstes 'unweibliches' Verhalten auffällt. Und der Typus 'Powerfrau', der nicht nur im Job erfolgreich ist, sondern auch als 'typisch weiblich', nämlich fürsorglich, kooperativ und sozial orientiert beschrieben wird. Festgestellt hat die Dichotomie Andrea D. Bührmann, Direktorin des Instituts für Diversitätsforschung an der Universität Göttingen, in einer Analyse biografischer Porträts von Topmanagern und Topmanagerinnen, die zwischen 2007 und 2012 in überregionalen Zeitungen und Zeitschriften erschienen sind.
 
Nach Bührmanns Diagnose folgt die Darstellung der Spitzenfrauen immer noch auffällig anderen Regeln als die ihrer männlichen Pendants. Zum Beispiel lassen sich die Schreiber ausführlich über das äußere Erscheinungsbild der Managerinnen aus. Darüber hinaus wird in den Artikeln ein Bild transportiert, das sich fast immer an dem Stereotyp orientiert: Frauen führen von Natur aus anders als Männer. Es sei denn, sie verbiegen sich – Stichwort: Businessfrau. Mehr noch: Das angeblich 'natürliche' Anderssein der Frauen wird als Berechtigung dafür herangezogen, ihnen den Zugang zu den Top-Etagen zu öffnen. Typische Lesart: Topmanagementteams sind besser, wenn sie diverser sind – und deshalb brauchen sie mehr Frauen in ihren Reihen. Allerdings nur Frauen, die sich dann auch weiblich verhalten und somit den erwünschten Ausgleich zum 'typisch' männlichen kompetitiven Verhalten liefern.

Zur Geschlechtergerechtigkeit tragen solche Konstruktionen wenig bei, kritisiert Bührmann. Denn wer dauernd betont, dass Frauen durch ihre 'weiblichen' Eigenschaften den entscheidenden Unterschied in Topmanagementteams machen, nagelt sie auf ein Bild fest, dem sie gefälligst zu entsprechen haben. Dass Diversität Spitzenteams guttut, sei zwar unbestritten, sagt Bührmann. Aber sind Topmanagerinnen wirklich so verschieden von Topmanagern, dass sie qua ihres Geschlechts automatisch frischen Wind ins Team bringen? Die Geschlechterforschung liefert dahingehend kaum Belege. Im Gegenteil: Die Unterschiede zwischen zwei Individuen desselben Geschlechts können viel größer sein als die zwischen zwei Individuen unterschiedlichen Geschlechts. 'Statt wie auch immer geartete Differenzen zwischen Männern und Frauen – aber auch zwischen Alten und Jungen, Christen und Muslimen, Behinderten und Nichtbehinderten – festzuschreiben, wäre es besser, unterschiedliche Erfahrungshintergründe angemessen zu berücksichtigen', betont Bührmann daher. Denn der größere Unterschied im Denken ergibt sich der Forscherin zufolge daraus, ob jemand aus einer anderen Schicht kommt, eine andere Lebenswirklichkeit kennt als der übliche Topmanager. Mehr Frauen den Weg ins Topmanagement zu ebnen, ist trotzdem wichtig, so Bührmann: 'Das ist einfach eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.'

Bührmanns Artikel 'Geschlechtergerechtigkeit und Geschlechterkonstruktionen: Die mediale Darstellung von Frauen in Top-Führungspositionen' ist in den WSI-Mitteilungen 2, März 2014, erschienen.
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