CoachCamp Köln

Community statt Konkurrenz

Zusammentreffen, sich miteinander austauschen, gemeinsam reflektieren – all das liegt Coachs und Trainern im Blut. Besonders gut gelingt das auf Barcamps, bei denen die Interaktion zwischen den Teilnehmern im Fokus steht. Dass dieses Format gut in die Coachingszene passt, zeigte das CoachCamp Köln, das gerade zum ersten Mal stattgefunden hat.

Ein Beitrag von Miriam Wagner

„Ich habe nachgezählt: Ich bin hier einer von zwölf Männern. Die Gleichberechtigung macht offensichtlich Fortschritte.“ Viel Gelächter bei der Vorstellungsrunde auf dem CoachCamp Köln. Kein Wunder, waren doch neben dem einen Dutzend Männer fast 70 Frauen zum Start der Veranstaltung am 3.2.2017 nach Köln gekommen. An zwei Tagen tauschten sich die Teilnehmer – fast alle davon Coachs, Trainer oder Berater – aus. Laut Annette Bauer, die das Event zusammen mit vier Kolleginnen organisiert hat, handelte es sich dabei um das erste Barcamp für Coachs im deutschsprachigen Raum: „Wir haben vorab intensiv recherchiert, sind aber auf keine andere Veranstaltung dieser Art gestoßen.“

Wie bei einem Barcamp üblich wurde das Programm erst vor Ort von den Teilnehmern gemeinsam beschlossen. „Wir teilen hier unser Wissen im Schwarm“, erklärte Bauer zu Beginn den Sinn des Formats. Jeder, der wollte, konnte vor dem Plenum mit seinem Thema pitchen. Wer dabei die meisten Stimmen bekam, durfte schließlich eine der Sessions halten, von denen je vier parallel stattfanden, insgesamt 20 an jedem Tag. Entsprechend vielfältig waren die Themen, die im Bürgerhaus Stollwerk angeboten wurden: von grundlegenden Unternehmensthemen wie Positionierung und Akquise bis zu einzelnen Marketinginstrumenten wie Videos, Podcasts und Facebook. Von Klassikern wie Lampenfieber und Stress bis zu eher Exotischem wie Nachlass-Mediation und Lachyoga („weil das Spaß macht und ich meine Erkältung loswerden will“, wie die Trainerin ihr Thema anpries). Aber nicht nur an den Sessionthemen merkte man, wie bunt die Coachingszene hierzulande ist, sondern auch wenn man mit einzelnen Coachs ins Gespräch kam. Eine Teilnehmerin etwa vereint zwei scheinbar sehr gegensätzliche Felder: Finanz- und spirituelle Beratung.

Nachdem der Sessionplan stand, ging es los: zu den Räumen tingeln (und dabei zwischen den Kontinenten hoppen: Im Bürgerhaus Stollwerk liegt „Brasilien“ direkt neben „Island“), in Vorträge und Workshops reinschnuppern, Fragen stellen, eigene Erfahrungen einbringen, mit den anderen diskutieren, gemeinsam reflektieren – und das ganze nebenbei auch noch auf Facebook und Twitter begleiten. Denn wie bei Barcamps hoch erwünscht, zückten viele Teilnehmer tatsächlich regelmäßig ihre Smartphones, um ihre Eindrücke und Learnings auf den Social Media unter dem Hashtag #cck2017 zu teilen. So kamen über die beiden Tage einige Posts zusammen.

Ein Themengebiet, das auf großes Interesse stieß, war Marketing. Hier scheinen viele Coachs ständig nach neuen Anregungen und Instrumenten zu fahnden. Wer noch nach der richtigen Positionierung sucht, sollte sich laut Lioba Heinzler zunächst zwei einfache Fragen stellen: „Worin bin ich brillant? Und was gibt mir Energie?“ Sie teilte mit den Teilnehmern ihre Erfahrungen aus 15 Jahren als selbstständige Supervisorin. Hat man eine stimmige Positionierung für sich entwickelt, hört die Arbeit damit allerdings nicht auf – sie fängt erst richtig an. Denn schließlich muss man sich bzw. seine Dienstleistung auch noch verkaufen. Wie wichtig es für Coachs ist, ihre Skills auf diesem Feld zu schulen, machte die systemische Beraterin Tanja Peters deutlich: „Geschäft wird von Mensch zu Mensch gemacht. Wir verlieren Kunden nicht an das bessere Produkt oder den besseren Preis, sondern an den besseren Vertriebler.“ Es lohnt sich also für Coachs, „ihren Taxis zu lernen“, wie es eine Teilnehmerin mit Bezug auf den bekannten Verkaufstrainer Tim Taxis auf den Punkt brachte.

Neben solchen grundlegenden Überlegungen zu Positionierung und Marketing lieferten die Sessions aber auch konkrete Anregungen zu einzelnen Tools. Ein eher ungewöhnliches Marketinginstrument stellte etwa Katrin Linzbach vor. Als sie ihr Kartenset „Bewusstsein braucht Raum“ vor ein paar Jahren im Selbstverlag veröffentlichte, landete sie damit auf Anhieb einen Treffer: Das Set ging weg wie geschnitten Brot. Von der ersten Idee bis zur Marktreife braucht man etwa ein Jahr, um solch ein Tool zu entwickeln, so Linzbachs Erfahrung. Diese Zeit und Energie zu investieren, lohnt sich jedoch: „Man hat etwas zum Vorzeigen, etwas zum Anfassen“, erklärte sie die Vorzüge eines eigenen Kartensets. Wie Trainer und Coachs Kartensets Schritt für Schritt selbst entwickeln können, erklärt Linzbach ausführlich im März in Training aktuell.

Die Atmosphäre auf dem CoachCamp war sehr offen, lebhaft, locker – was nicht nur an dem für Barcamps typischen Duzen lag. Die Stimmung erinnerte eher an Community als an Kollegentreff oder gar Konkurrenzbeschau. Erstaunlich offen sprachen die Teilnehmer etwa über Unsicherheiten, was die eigene Positionierung angeht, oder über Schwierigkeiten, sich am Markt zu behaupten. Ein Coach berichtete etwa, dass sie hauptsächlich von Kitas gebucht wird, die deutlich schlechter bezahlen als die freie Wirtschaft, obwohl die Aufträge dort nicht weniger komplex sind. Ihr Eindruck: Wer einmal in der „Non-Profit-Schublade“ gelandet ist, kommt dort nicht mehr so einfach wieder raus. Eine Erfahrung, die andere Teilnehmer bestätigten. Über solche Probleme offen zu reden, ist in der Coachingbranche ansonsten nicht unbedingt üblich. Aufträge? Kann man sich kaum vor retten. Honorare? Muss man nie verhandeln. „Die Konkurrenz, die man sonst oft in der Szene spürt, war nicht da“, beschreibt Veranstalterin Annette Bauer den Geist vor Ort.

Und noch ein kleiner, aber wichtiger Baustein trug zum positiven Spirit bei: das Catering. Neben einem veganen Mittagessen in Bio-Qualität wurde etwa „Urwaldkaffee“ ausgeschenkt. Der wird von den kolumbianischen Kogi-Indianern nachhaltig produziert, die so ihren Lebensraum erhalten – ein Projekt des Kölner Coachs Oliver Driver. Und damit nicht nach einmal Benutzen die Kaffeebecher direkt im Müll landeten, wurde ein „Becherparkplatz“ eingerichtet, auf dem die Teilnehmer ihren Becher abstellen und immer wieder finden konnten. „Aber bitte beschriften! Am besten mit Vor- und Nachnamen – wir haben viele Tanjas und Julias heute hier“, lautete der Tipp der Veranstalterinnen. So klappt es also auch mit der Nachhaltigkeit, selbst bei derart starkem Frauenüberhang.

Das CoachCamp Köln soll 2018 erneut stattfinden, der Termin steht aber noch nicht fest.

Fotos: Tanja Deuß, www.knusperfarben.de

08.02.2017
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